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Barock

  • Carl Gustaf Wrangel (1613-1676)

    Carl Gustaf Wrangel (1613-1676)
    Gemälde von Matthäus Merian dem Jüngeren
     
    via Wikipedia Commons
  • Die erste Oper - "L'Orfeo" von Claudio Monteverdi

    Musikwelt des Barock
    "L'Orfeo" von Claudio Monteverdi
    La Capella Reial de Catalunya unter der Leitung von Jordi Savall
     
     
  • Franziska Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg

    Franziska Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg

    Sybilla Augusta 200 1675, † 10.06.1733
    war Markgräfin von Baden-Baden.
    Sie war die Bauherrin von Schloß Ettlingen, bei Karlsruhe und Schloß Favorite.

    Sibylla wuchs zusammen mit ihrer älteren Schwester Anna Maria Franziska im Schloss Schlackenwerth in Nordböhmen auf. Als sie 6 Jahren alt war starb ihre Mutter.

    Unterrichtet wurde sie von Christian August von Sulzbach, einem toleranten Pfalzgrafen und Fürsten, der den Bewohnern das Recht gab ihren evangelischen oder katholischen Glauben frei auszuüben, und von Gräfin Werschowitz die später verdächtigt wurde Sybillas Vater vergiftet zu haben.

    Schon mit 13 Jahren beschrieb sie in ihren Aufzeichnungen "Vierfacher Handschrein: Unterschiedliche Kunst, Speiß, Confiture und Medicinal-Sachen"   Wege zur Farbenherstellung und detaillierte Anleitungen zur Herstellung ostasiatischer Lack-Arbeiten. Bald darauf verwaltete sie die väterliche Kunstsammlung.

    Der sehr wohlhabende Vater, Herzog Julius Franz von Sachsen-Lauenburg starb 1689 und hatte die Verheiratung seiner beiden Töchter testamentarisch Kaiser Leopold I. übertragen.

    Also konnte Leopold I. seinen beiden erfolgreichen Feldherren und Fürsten Ludwig Wilhelm und dessen Cousin Prinz Eugen von Savoyen eine vielversprechende Heirat in Aussicht stellen.

    Als Ludwig Wilhelm 1690 in Schlackenwerth eintraf, verliebte er sich nicht in die vom Kaiser gewählte ältere Schwester Anna Maria sondern in die jüngere, die 14-jährige Franziska Sibylla Augusta. Im gleichen Jahr heirateten die beiden und wohnten in dem neuerbauten Seitenflügelschloss von Schlackenwerth - dem Weißen Schloss.

    Ludwig Wilhelm war zu dieser Zeit ein berühmter Feldherr.

    Nach seinem Sieg über die Türken in Ungarn befehligte er die Truppen im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) und so hielt sich das Markgrafenehepaar häufig in Bayern auf, denn Sibylla begleitete ihren Mann bis ins Feldlager.

    Vier Kinder hatte sie am Ende dieses Krieges zur Welt gebracht, aber keines wurde älter als sechs Jahre.

    Als der Krieg zu Ende ging, begannen die beiden mit dem Wiederaufbau ihrer Markgrafschaft Baden.

    In Rastatt, ihrer neuen Residenzstadt, hatten sie Großes vor. Zuerst wurde eine Festung angelegt, dann fächerförmig die Stadt nach dem Schloss ausgerichtet.
    Das Schloss wurde als dreiflügelige Anlage ganz im Stil Ludwig XIV. konzipiert.
    Der Rohbau stand bereits 1702.

    Doch ein neuer Krieg war ausgebrochen, dessen Ende Ludwig Wilhelm nicht mehr erleben sollte. Er starb im Januar 1707 an einer Kriegsverletzung  in Rastatt. 
    Epitaph und Grab finden wir in der Stiftskirche in Baden-Baden. Sein Herz wurde im Kloster Lichtenthal aufbewahrt.

    Sibylla war jetzt Markgräfin von Baden-Baden, 32 Jahre alt, gebildet, eine selbstbewusste, diplomatisch überaus erfolgreiche Frau, reich, hatte zwei Söhne und eine Tochter - und sie hatte Träume. Einige davon verwirklichte sie, so z.B. Schloss Favorite, ihr Lust- und Porzellanschloss, die gesamte Gartengestaltung im Schloss Rastatt und den Ausbau von Schloss Ettlingen als Alterssitz.

    Sibylla war eine kluge und faszinierende Frau ihrer Zeit.

    Sie liebte Kunst, Musik und Tanz. Legendär waren ihre Maskenbälle. Ihre Lust an der Verkleidung zeigt sich in den „Kostümbilder“, die sich heute im Spiegelkabinett von Schloss Favorite befinden.

    Als selbstbewusste und gut vernetzte Markgräfin war sie einflussreich und trotzte dem Kaiser einen großen Teil seiner versprochenen Belohnungen für Ludwig Wilhelm ab.

    Aber sie war als Kind Böhmens auch sehr katholisch, erlebte früh die dortige Reliquienverehrung, die Wallfahrten und die ausgeprägte Marienverehrung.
    Später kam der Einfluss des Baden-Badener Jesuitenkollegs hinzu.

    1717 rief der Jesuit Joseph Mayr zu einer Bußprozession in Rastatt auf und vorneweg ging Sibylla, wie alle trug sie eine Dornenkrone und geißelte sich selbst.
    Auch soll sie die Verbrennung, mehrerer als zu „anzüglich“ eingestufte Gemälde ihrer Sammlung, veranlasst haben.

    Sie war oft im Benediktinerstift  Einsiedeln. Die dortige Gnadenkapelle ließ sie sowohl in Schlackenwerth als auch in Rastatt wiederauferstehen.
    Sybilla sah sich selbst als Leidensschwester von Maria Magdalena und ganz im Zeichen der Zeit als große Sünderin.

    1727 wurde ihr Sohn Ludwig Georg Simpert Markgraf und Sibylla zog sich nach Schloss Ettlingen zurück.

    Sie starb im Alter von 58 Jahren und wurde in der Schlosskirche Rastatt  beigesetzt.

    Franziska Sibylla Augusta von Baden

     

    Markgrafin Franziska Sibylla Augusta

     

     

  • Geschichte von Freudenstadt

    Freudenstadt
     

    ist eine auf dem Reißbrett geplante Stadt, konzipiert als archetektonisches Abbild der hierarchischen Gesellschaftsstruktur des 17. Jahrhunderts. (1)

    Herzog Friedrich I. von Württemberg (1557-1608) (2) war deren Gründer. 

    Der Ort war gut gewählt. Friedrich kontrollierte damit den Schwabenweg,den Handelsweg zwischen Ulm und Straßburg. Der führte von Oppenau hinauf zum Kniebispass. 

    Im nahe gelegenen Christophsthal (Freudenstädter Revier) wurden seit dem 13. Jahrhundert Silber-, Kupfer- und Eisenerze abgebaut.

     

    Christophstaler Münze Von Stadtarchiv Freudenstadt Landesbildungsserver Baden Württemberg Gemeinfrei

    Christophstaler Münze Von Stadtarchiv Freudenstadt - Landesbildungsserver Baden-Württemberg

    Friedrichs Stadt war ein Refugium für die Protestanten, eine Antwort auf die Rekatholisierung  von 1597.

    So entstand im nordöstlichen Schwarzwald auf einem strategisch günstig gelegenen Hochplateau eine befestigte Residenz. 

    Freudenstadt Dreizeilenplan Von Heinrich Schickhardt Hauptstaatsarchiv Stuttgart N 220 B 2 1 Bl. Gemeinfrei R

    Freudenstadt, Dreizeilenplan Von Heinrich Schickhardt - Hauptstaatsarchiv Stuttgart N 220 B 2, 1 Bl.

     

    Sein Baumeister, Heinrich Schickhardt (3) entwarf Freudenstadt nach den Plänen von Dürers „Befestigungslehre“.Eine quadratische Anlage, je ein Turm in der Seitenmitte. Wie ein Schachbrett. Das Innere ist in neun gleiche Felder geteilt und das mittlere Feld bildet den Marktplatz. In einer Ecke sollte das Schloss liegen. Nicht akzeptabel für den Herzog. Er ist der Mittelpunkt, das Zentrum, also muss das geplante Schloss auch in der Mitte des Platzes liegen.

    Am 22. März 1599 wurden im Beisein des Herzogs im förchtig wilden Walddie ersten Häuser und Straßen abgesteckt. 

    Am 2. Mai legte seine Durchlaucht selbst den Grundstein für die Stadtkirche. 

    Die Bergleute brachten eine Silber- und eine Kupferstufe (Leib und Blut Christi) in die Grundmauern der neuen Kirche ein.

    Das Wasser bekam die Stadt damals von den Langenwaldquellen. Über einen fast 4km langen Teuchelweg (Wasserleitungsrohre: 4m lange Tannenstämme, in Längsrichtung durchbohrt) wurde das Wasser zum Marktplatzbrunnen geleitet. Jahrhunderte lang existierte diese Wasserleitung.

    Wasserleitung Reichenbach 

    Wasserleitung, Stadtmuseum Reichenbach

     

    1608 stirbt Friedrich mit 51 Jahren, vier Jahre später ist die Innenstadt aufgebaut.

    „Friedrichstadt“wurde bald „Freudenstadt“ genannt, die Stadt wuchs dank den protestantischen Glaubensflüchtlingen. 

    Das Schloss jedoch wurde nie gebaut. Die Einwohner vermissten es nicht, hatten sie doch wenigstens auf dieser Freifläche Raum für den Anbau von Gemüse und Kartoffeln. Auch die Misthäufen hatten dort ihren Platz.

    Dann kamen schlechte Zeiten für die Stadt. Hungersnöte und Krankheiten und 1632  ein Feuer, das große Teile der Stadt verwüstete. 1634 zerstörten die Österreicher das was übrig geblieben war und ein Jahr später entvölkerte die Pest die Stadt endgültig (3.000 Einwohner hatte die Stadt, 1636 nur noch 300).

    1749 werden einzelne Teile des Markplatzes an Bürger verpachtet und als Nutzgärten angelegt.

     

    Der Bergbau wird eingestellt. Die Heilquellen sprudeln.

    Freudenstadt wandelte sich.

    Im späten 19. Jahrhundert entwickelte sich Freudenstadt zu einem bekannten und beliebten Kurort - auch durch die Eisenbahnanbindung (Gäubahn zwischen Eutingen und Freudenstadt). 

     

    1899 feiert die Stadt ihr 300-jähriges Bestehen mit König Wilhelm II. und Königin Charlotte. 

     

    Im 1. Weltkrieg war die Stadt ein großes Lazarett.

     

    Von 1939 an wurde am Kniebis das Führerhauptquartier Tannenberg ausgebaut. 

    Am Schliffkopf und der Hornisgrinde wurden Flak-Stellungen aufgebaut.

    1940 „weihte“ Hitler Tannenberg ein und ließ sich nach dem Frankreich-Feldzug in Freudenstadt feiern. 

     

    Am 16. April 1945 kurz vor Kriegsende kam der Krieg nach Freudenstadt. 

    Der französische General Lattre de Tassigny war auf dem Weg nach Stuttgart.

    Die Wehrmacht hatte die Brücken gesprengt. Stundenlang wurde die Innenstadt bombardiert, stundenlang beschossen. 

    95% der Altstadt verbrannten. Viele starben, viele Frauen wurden vergewaltigt.

    Als „Manoeuvre de Freudenstadt“ fanden die Ereignisse dieser Tage Eingang in die endlose Liste der Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkriegs.

    Drei Tage dauerte das Inferno. 

     Freudenstadt 1945 R

    Freudenstadt, Stadthaus, Heimatmuseum 

     

    Danach, zuerst ein mühsamer Anfang. 

    1950 wurde Weihnachten in der Stadtkirche gefeiert.

    Dann ein rascher Wiederaufbau, das „Wunder von Freudenstadt“. 

    Und immer Streit um die weitere Nutzung des Marktplatzes, der der größte umbaute Marktplatz Deutschlands ist. 

    Freudenstadt ist heute eine Stadt mit ca. 24.000 Einwohnern und durch ihre Lage hervorragend geeignet, um mit der Albtalbahn das Murgtal oder über die älteste Ferienstraße Deutschlands den Schwarzwald und den alten Schwabenweg zu erkunden.

    Freudenstadt R

    Monumente, Bettina Vaupel, Karlsruhe oder die Liebe zur Geometrie

     

    Wir überqueren den Marktplatz und nähern uns der Evangelische Stadtkirche mit ihrem rechtwinkligen, nach NO ausgerichteten Grundriss (Uhrenturm im N).

    Evangelische Stadtkirche 400

     

    Die Winkelkirche in Freudenstadt wurde als solche konzipiert.

    Im 19. Jh. saßen Männer und Frauen hier getrennt in den beiden Kirchenschiffen.

    Weibergestühl und Männergestühl

    Beeindruckend ist noch heute die zentrale Mitte, die durch die zwei sich überlagernden Rechtecke geschaffen wird.

    Die Kirche besitzt einen Lesepult und einen Taufstein aus dem 12. Jahrhundert.

     

    Lesepult 300 Taufstein 300

     

     

    (1) Die Idee der „Idealstädte“ bekam mit Beginn der italienischen Renaissance neue Impulse. 

    Das Ziel war eine klar strukturierte Stadt, die die kosmische und die weltliche Ordnung und Hierarchie darstellen und nach persönlicher Auslegung, die absolute Macht des Landesherrn repräsentieren sollte.

    Karlsruhe (Fächerstadt) und Mannheim(Schachbrettstadt) sind weitere Beispiele dieses Architekturkonzepts.

     

     (2) Friedrich der I. von Württemberg nutzte intensiv die Bodenschätze (Silber, Kupfer und Eisenerze) seines Herzogtums. Er stellte Alchimisten ein, die die Lagerstätten untersuchten und analysierten. Bei Erfolglosigkeit wurden sie hingerichtet.

    1604 richtete Friedrich I. im Christophstal eine Münzstätte ein und ließ den Christophstaler herstellen. So umging er die Stuttgarter Münzpräge.

     

    (3) Heinrich Schickhardt von Herrenberg (geb.1558 in Herrenberg † 1635 in Stuttgart) war der bedeutendste Baumeister der Hochrenaissance in Deutschland.

    Schickhardt baute Brücken (Köngen), Festungen, Schlösser, Kirchen, Städte.

    Europ. kulturstrasse H.Schickhardt

    Literatur:

    Markus und Meinrad Bittmann, Das Murgtal, Kreisarchiv Rastatt

    Bettina Vaupel, Karlsruhe oder die Liebe zur Geometrie, Monumente

    Mannheimer Morgen, Konstantin Groß, 7. April 2018

    Wikipedia

    Brockhaus Konversationslexikon, 1902, Freudenstadt 

     

    Bildnachweis:

    Wikipedia Commons

    Bettina Vaupel, Karlsruhe oder die Liebe zur Geometrie, Monumente 

    WAW, eigenes Werk

    Wikimedia commons

     

    Museen:

    • Heimatmuseum im Stadthaus, mit sehr guten Sonderausstellungen
    • Besucherbergwerk Freudenstadt
  • Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen

    Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen

     

    Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen 240geb. um 1623 in Gelnhausen, † 17. August 1676 in Renchen

    war ein deutscher Schriftsteller. Mit seinem Hauptwerk, dem Simplicissimus schuf er den ersten barocken Roman in deutscher Sprache, der als umfassendstes Dokument des Dreißigjährigen Krieges überragende Bedeutung hat.

     Er stammt aus einer adeligen, später verarmten und verbürgerten Familie, die im 16. Jahrhundert ihren Stammsitz an der Werra aufgab, um sich im protestantischen Gelnhausen (Hessen) nieder zu lassen.

    Hans Jakobs Vater stirbt früh, seine Mutter heiratet erneut und folgt ihrem Mann nach Frankfurt.

    Hans Jakob wächst bei seinem Großvater, einem Bäcker auf, der seinen Adelstitel abgelegt hat und sich einfach Christoph nennt.

    Bis 1634 kann er die Lateinschule besuchen.

    In diesem Jahr kommt der Dreißigjährige Krieg nach Gelnhausen. Die katholische Liga brandschatzt die Region. Hans Jakob kann in die Festung  Hanau flüchten, fällt jedoch den kaiserlichen Truppen in die Hände. [1]

    So erlebt er schon als Zehnjähriger, als Troßbube, die Schrecken des Krieges, nimmt an der blutigen Schlacht bei Wittstock teil und kommt 1639 mit dem Leibdragonerregiment des General Götz nach Baden um das von den Schweden belagerte Breisach zu entsetzen.

    In Offenburg war er Musketier beim Oberstleutnant Hans Reinhard von Schauenburg. Den Schauenburgern diente er später als Schreiber und Sekretär. [2]

    Als dann endlich Frieden war, heiratete Hans Jakob  nach katholischem Ritus die einundzwanzigjährige Catharina Henninger, Tochter eines angesehenen Leutnants im Schauenburgischen Regiment.

    Mit ihr hatte er zehn Kinder.

    Er wurde Verwalter der Schauenburgischen Familiengüter in Gaisbach (bei Oberkirch) in der Ortenau.

    Über den Straßburger Arzt Johannes Küeffer lernt er den Bischof von Straßburg kennen, der ihn 1667 zum Schultheis (Ortsvorsteher, Gerichtsverwalter und Steuereinzieher) von Renchen (bei Oberkirch) macht. [2]

    Nun endlich hat Hans Jakob Christoph, der sich seit seiner Heirat wieder Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen nennt, ein geregeltes Auskommen und vor allem Muße.

    Alle seine Romane schreibt und publiziert er in den letzten zehn Jahren seines Lebens.

    Der abenteuerliche Simplicissimus-1 2401668 erscheint, bei dem Nürnberger Verleger Wolff Eberhard Feißecker einer der ersten Bestseller im deutschen Raum, Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch, unter seinem anagrammatischen Namen GERMAN SCHLEIFHEIM von Sulsfort.

    Er veröffentlicht in rascher Folge das sechste Buch zum Simplicissimus und weitere Romane und Erzählungen.

    Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen stirbt, noch nicht einmal fünfundfünfzig Jahre alt,  am 17. August 1676 in Renchen.

    Durch seine Kriegserfahrungen ist ihm keine Grausamkeit, keine Rohheit fremd.

    Er raubt, betrügt, hurt und mordet wie andere auch in dieser aus den Fugen geratenen Zeit.

    Aber er beobachtet sich und sehnt sich nach einer besseren Welt.

    Die Erzählung ist keine Abenteuergeschichte, sondern ein sich entwickelnder Reifeprozess des Protagonisten in seiner Welt.

    Und über die sagt er:

    „Adieu Welt! Denn bei dir ist nichts Beständiges. Die hohen Türme werden vom Blitz erschlagen, die Mühlen vom Wasser hinweggeführt; das Holz wird von den Würmern, das Korn von Mäusen, die Früchte von Raupen und die Kleider von Schaben gefressen; das Vieh verdirbt vor Alter und der arme Mensch vor Krankheit.“

    Simplicius trifft im Wald auf ein Bildnis des Gottes Baldanders. Der hat ihn geformt:

    Bald groß, bald klein, bald reich bald arm, bald hoch bald nieder, bald lustig bald traurig, bald bös bald gut und in Summa bald so und bald anders.“

    Der Ich-Erzähler wächst im Spessart auf einem Bauernhof auf.

    Er weiß nicht wie er heißt oder wo er herkommt.

    Ein Söldnertrupp  brandschatzt das Gehöft. Der Bub flieht in den Wald und findet einen Einsiedler, der ihn Simplicius nennt und unterrichtet.

    Der Einsiedler stirbt und er wandert fort.

    Die Schweden fangen ihn, dort wird er Hofnarr.

    Dann macht der Sohn des Einsiedlers Karriere, wird der berühmte Jäger von Soest, und sogar reich.

    Er heiratet, verliert sein Vermögen und geht nach Frankreich. Die Damen von Paris erwarten ihn.

    Er hat Pocken, sinkt zum Landstreicher und wird wieder Soldat.

    Er trifft seinen Freund Ulrich Herzbruder und sie beschließen eine Wallfahrt nach Maria Einsiedeln zu unternehmen.

    Simplex heiratet und wird Bauer.

    Er wandert zum Mummelsee, wirft Steine ins Wasser um die dortigen Geister zu rufen. Die  erscheinen und geleiten ihn in phantastische Unterwasserwelten, die miteinander verbunden, bis ins Zentrum der Erde führen.

    Zum Abschied schenkt ihm der König der Sylphen einen Stein der, wenn man ihn auf den Boden legt, eine Mineralquelle hervorsprudeln lässt.

    Beim Weg nach Hause verirrt er sich und trifft Harz- und Holzmacher die ihn argwöhnisch beäugen. Derart abgelenkt, legt er sich hin und denkt nicht mehr an seinen magischen Stein. Alsbald sprudelt eine Heilquelle an seinem Schlafplatz hervor. Enttäuscht und mit „nichts als müde Bein und den Hergang vor den Hingang“ kehrt er zu seinem Bauernhof zurück.

    Als seine Frau stirbt, zieht er nach Russland und Asien und kehrt wieder zurück, um Einsiedler auf einer Schwarzwaldhöhe zu werden.

    Damit endet das fünfte Buch

    Aber diese Behaglichkeit bekommt ihm nicht und so reist er über Italien ins Heilige Land, wird überfallen, als Sklave verkauft und rettet sich in eine Robinsonade.

    Clemens Brentano nennt den Simplicissimus einen der vortrefflichsten Bücher.

    Es hat mir so wollen behagen, Mit Lachen die Wahrheit zu sagen.
    'Simplicius Simplicissimus'

    Quellen:

    [1] Brockhaus Konversations-Lexikon, Neue Revidierte Jubiläums-Ausgabe, Achter Band, 1903

    [2] Emil Ermatinger, Der abenteuerliche SIMPLICIUS SIMPLICISSIMUS, Kiepenheuer & Witsch Köln Berlin, 1968

    Willi Andreas Weishaupt 2014

    Ausflug zum Mummelsee

  • Ludwig Wilhelm von Baden

    Ludwig Wilhelm von Baden

     

    Türkenlouis 240Geb. 8. April 1655 in Paris, † 4. Januar 1707 in Rastatt

    war Markgraf von Baden-Baden, Bauherr des Rastatter Schlosses, ein erfolgreicher Feldherr und genialer Stratege, ein glückloser Politiker.

     Ludwig Wilhelm war der einzige Nachkomme einer unglücklichen Ehe zwischen Ferdinand Maximilian von Baden-Baden (1625-1669) und der französischen Prinzessin Luise Christine von Savoyen-Carignan (1627-1689), die am Hofe des Sonnenkönigs lebten. Ludwig XIV. war Ludwig Wilhelms Taufpate.

    Da Luise sich weigerte Versailles zu verlassen, zogen Vater und der 6 Monate alte Ludwig allein nach Baden-Baden.
    Als der Vater nach einem Jagdunfall unerwartet stirbt, ist Ludwig 14 Jahre alt.

    Mit 15 unternimmt er seine Kavaliersreise, die ihn von Frankreich nach Italien, Mailand, Florenz und Rom führt. Er besucht Vorlesungen, trifft Papst Klemens X., besucht die Medici’s , kehrt als 19-jähriger zurück nach Baden-Baden und tritt in die kaiserliche Armee ein.

    Schnell macht er Karriere und wird dabei von seinem Onkel Hermann unterstützt, Hofkriegsratpräsident des Heiligen Römischen Reiches und von Raimondo Montecuccoli, einem bedeutenden Militärstrategen des 17. Jahrhunderts. Nach der Einnahme der Festung Philippsburg verleiht ihm der Kaiser ein Infanterieregiment.

    Mit 22 Jahren wird er Markgraf von Baden-Baden.

    Aber er ist selten zu Hause.

    Als die Franzosen 1689 seine Markgrafschaft verwüsteten und neben Baden-Baden mit seinem Ahnenschloss auch Städte wie Ettlingen, Rastatt, Bühl und Oberkirch (u.v.a.) in Rauch aufgehen, feiert er eine siegreiche Schlacht gegen die Türken.

    Ein Jahr später heiratet Ludwig Wilhelm die Prinzessin Franziska Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg.

    Nach dem Frieden von Nimwegen wird er Major und erlebt im großen Türkenkrieg in der Schlacht von Slankamen (bei Belgrad) 1691 seinen größten militärischen Sieg. Fortan wird er als „Erretter der Christenheit“ in ganz Europa gefeiert und erhält seinen Beinamen „Türkenlouis“.

    1693 übernimmt er das Kommando im Pfälzischen Erbfolgekrieg am Oberrhein, doch ohne die militärische Unterstützung des Kaisers ist sein Ziel “Frankreich in Frankreich zu bekämpfen“ nicht realisierbar.

    „Ohne Armee, ohne Geld, ohne Proviant, ohne alle übrigen Requisiten habe ich nicht Ursache, große Hoffnungen zu hegen“, schrieb er nach Wien.

    Als sich Ludwig Wilhelm beim Kaiser in seiner üblichen offenen Art über die mangelnde Unterstützung Wiens, noch immer hat er kein Reichsheer, beschwert, unterstellt der Kaiser dem Mann, der ihm Thron und Reich rettete, geheime Konspiration mit dem Feind.

    Leopold beauftragte darüber hinaus den Prinzen Eugen mit der Überwachung Ludwig Wilhelms. Als sein Vetter Ludwig Wilhelm „von allen Verleumdungen freispricht“, war dieser zwar offiziell rehabilitiert, aber schuf sich, da er weiterhin an den „Mönchen“, wie er die Geistlichen des Wiener Hofes nannte, Kritik übte, weitere Feinde.

    Schon 1695 hat er die Befestigungen von Sinsheim und Eppingen wiederherstellen lassen und formt mit den „Eppinger Linien“ den ersten „Westwall“.
    Weitere Befestigungen reichten von Kehl bis Phillipsburg, wobei besonders die Linie Bühl-Stollhofen in die Geschichte einging. Durch ein Schleusensystem konnte das flache Land unter Wasser gesetzt werden.

    1703 sollten sich diese Vorkehrungen bewähren. Die französischen Marschälle Villars und Tallard wollten „Le prince de Bade“ überrumpeln, scheiterten jedoch an den Befestigungen und dem uneinnehmbaren Stollhofen.

    Vereint mit den holländisch-englischen Truppen unter Marlborough, schlugen Prinz Eugen und Ludwig Wilhelm die französisch-bayrischen Armeen letztendlich bei Donauwörth. Ludwig Wilhelm erlitt auf den Höhen des Schellenberges eine Verletzung, von der er sich nicht mehr erholen sollte.

    Trotz Aufforderung des neuen Kaisers Joseph I. den Rhein zu überschreiten und das Elsass zu befreien, beschränkte sich Ludwig Wilhelm auf die Verteidigung, ließ an seinem Schloss in Rastatt weiterbauen und  sah dem Treiben der triumphierenden Helden Marlborough und Prinz Eugen mit wachsender Verbitterung zu.

    Noch einmal sollte ihn der Wiener Hof brüskieren. Als die polnischen Stände Ludwig Wilhelm ihre Königskrone anboten, intervenierten die Habsburger.

    Ludwig Wilhelm litt. Unter seinem schlechten Gesundheitszustand, seiner Kriegsverletzung und unter dem Undank des Wiener Hofes.

    Er hatte nicht mehr viel Zeit, schrieb an Joseph I., sorgte sich um seine Gemahlin und seine Kinder.

    Joseph I. wusste inzwischen vom wahren Gesundheitszustand des Markgrafen und antwortete ungewohnt herzlich.

    An einem kalten Wintermorgen, am 4. Januar 1707 stirbt der krebskranke Ludwig Wilhelm im Alter von 51 Jahren in seinem Schloss in Rastatt.

    Sein Heimatland hat seinen Tod wenig betrauert. Obwohl er es schützte wie kein anderer Markgraf.

    Ludwig Wilhelm hat 23 Schlachten geschlagen, 25 Belagerungen geleitet und niemals eine Niederlage erlitten.

    Aber er war auch Befehlsempfänger Habsburgs. Er hatte Krieg zu führen.

    Sein Drama war, dass er diese Kriege in seinem eigenen Land ausfechten musste.

    Das Haus Habsburg hat ihm seine Dienste schlecht gedankt.

    Willi Andreas Weishaupt 2014


    Literatur:

    Baden-Württemberg 1/83, G.Braun

    Katalog zur Sonderausstellung 300 Jahre, Der Friede von Rastatt, „....das aller Krieg eine Thorheit sey.“, Stadt Rastatt

  • Matthäus Merian der Jüngere

    Matthäus Merian der Jüngere (1621-1687)
    Maler, Kupferstecher und Verleger
     
    via Wikipedia Commons
  • Residenzschloss Rastatt

    Residenzschloss Rastatt

     

    Schloss Rastatt 600Das Schloss Rastatt ist die älteste Barockresidenz am Oberrhein. Bauherr war Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655-1707).

    Das dortige Jagdschloss ließ der Markgraf bis auf die Kellerebene abreißen um darauf nach den Plänen von  Domenico Egidio Rossi seinen Regierungssitz zu errichten.

    Vorbild war die dreiflügelige Schlossanlage von Versailles.

     Schloss Rastatt spiegelt das absolutistische Selbstverständnis der damaligen Herrscher wieder. Da Rastatt in den Pfälzischen Erbfolgekriegen von den Franzosen 1689 fast vollständig zerstört wurde, konnte danach auch das Stadtareal neu konzipiert  und aufgebaut werden.  So wurden - nach Versailler Vorbild, fächerförmige Straßen zum Schloss hin ausgerichtet, die Patte d’oie.

    Auch Ludwigs Verwandter, der Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach wählte für seine Residenzstadt Karlsruhe diesen Fächergrundriss.

    Die barocken Wegachsen wurden auch außerhalb der Städte weitergeführt. So sind z.B. die beiden Eingangsfrontseiten der Schlösser Rastatt und Ettlingen exakt aufeinander ausgerichtet, d.h. der Markgraf konnte damals auf einer schnurgeraden Pappel-  und Kastanienallee von Schloss Rastatt nach Schloss Ettlingen fahren und kam genau am anderen Schlosseingang an.
    Der Verlauf der heutigen Bundesstr. 3 erinnert noch heute daran.

    Auch Schloss Favorite ist nach Schloss Ettlingen ausgerichtet.

    Markgraf Ludwig Wilhelm erlebte die Fertigstellung von Schloss Rastatt nicht mehr.

    Die bei seinem Tode 32 Jahre alte Gemahlin Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg übernahm die Regierungsgeschäfte und ließ in ihrer 20 Jahre dauernden Regierungszeit neben dem Schloss Rastatt auch Schloss Favorit und Schloss Ettlingen er- oder ausbauen.

    Schloss Rastatt wurde nie zerstört und beherbergt heute, neben den markgräflichen Prunkgemächern, ein Wehrkundemuseum und eine Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte.

     

    Willi Andreas Weishaupt 2014
    © Baden-GEO-Touren

     

  • Schloss Favorite

    Schloss Favorite

     

    P1010577Zum Themenkreis Badische Burgen und Schlösser fahren wir heute Richtung Rastatt und besuchen Schloss Favorite.

     

     

    Nach einem Mittagessen im Schloss Café wandern wir durch den herrlichen Park des Schlosses.

    Danach fahren wir zu den Rastatter Rheinauen, oder bei schlechtem Wetter zum Rastatter Residenzschloss.

    Erbaut wurde das, als einziges in seiner ursprünglichen Form erhaltende „Porzellanschloss“ in Deutschland, von Johann Michael Ludwig Rohrer für die Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden in den Jahren 1710 bis 1730. 

     

    Sibylla hatte sehr klare Vorstellungen, wie ihr „Lustschloss“ auszusehen hatte, sollte es doch Schaufenster für ihre Leidenschaften der Maskerade, des Jagdspiels und des Porzellans sein. Sie war die Witwe des „Türkenlouis“,  des „roten Königs“, wie ihn die Türken nannten, der im Alter von 51 Jahren in seinem noch nicht fertiggestellten Schloss in Rastatt an seinen Verletzungen, die er bei der Schlacht am Schellenberg erhalten hatte, verstarb.

     

    P1010573 C               P1010574 C

     

     

     

     

     

    Einzigartig ist die reichhaltige Sammlung an chinesischem Porzellan, sowie an Lackmalereien, sowie die Kunstwerke der ersten 20 Jahre Meißener Porzellanproduktion ab 1710.

     

    Eremitage C

    Etwas abseits befindet sich die Eremitage –franz. „Einsiedelei“, die ebenfalls M.L. Rohrer erbaute. Der achteckige Bau beherbergt in seinem zentralen Innenbereich eine Magdalenenkapelle, die von fünf Räumen umschlossen wird. In der Kapelle und in Speisezimmer finden sich lebensgroße Wachsfiguren der heiligen Familie. In dieser einfachen Einsiedelei verbrachteSibylla ihre Buß- und Bettage.


    Sibylla war sehr religiös. 1717 rief der Jesuit Joseph Mayr zu einer Bußprozession in Rastatt auf und vorneweg ging Sybila, wie alle trug sie eine Dornenkrone und geißelte sich selbst.

    Schloss Favorite besuchte auch Mark Twain, s. „Bummel durch Europa“.

     

     

     Rückseite R

    Willi Andreas Weishaupt 2014
    © Baden-GEO-Touren

     

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