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Flüsse

  • Adolf Dressler - Jelcz an der Oder

    Adolf Dressler - Jelcz an der Oder

  • Adam August Müller - Ansicht von Prag mit der Karlsbrücke über die Moldau

    Adam August Müller - Ansicht von Prag mit der Karlsbrücke über die Moldau

  • Allertal bei Wietze

    Axel Hindemith - Allertal bei Wietze
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  • Auwälder an Rhein und Murg

    Ausflug nach Rastatt

     

    Rheinauen 1 400Heute besuchen wir Rastatt, die Barockstadt des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden.
     
  • Axel Hindemith - Aller bei Oebisfelde, Abendstimmung mit Regenschauer

    Axel Hindemith - Aller bei Oebisfelde, Abendstimmung mit Regenschauer
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  • Christian Morgenstern: Der Rheinfall von Schaffhausen

    Christian Morgenstern: Der Rheinfall von Schaffhausen

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  • Das Floß der armen Leute - Gefährliche Rheinfahrt 1791

    Das Floß der armen Leute - Gefährliche Rheinfahrt 1791

     

    Obertsrot 1858 ADie Flößerei ist ein sehr altes Gewerbe. Über die frühen Zeiten besitzen wir kaum ins einzelne gehende Zeugnisse.

    Wir wissen aber, daß schon im Mittelalter das Holz aus den großen Waldgebieten in den Rhein und den Strom hinab geflößt wurde. So kam das Schwarzwaldholz zum Beispiel die Kinzig oder die Murg herab in den Oberrhein oder mit Nagold und Enz in den Neckar. Main, Saar und Mosel, auch Lippe und Ruhr trugen Holz aus ihren Wäldern dem Rhein zu, der er (sic) bis zu seiner Mündung mitnahm.

     

     

     

     

    An den Methoden der Flößerei hat sich von alters her bis zum Beginn unseres Jahrhunderts wenig geändert.

    Dieselben Männer, die im Winter die Bäume auf den Höhen des Schwarzwaldes fällte, brachten sie auf Bächen und Flüssen zu Tal. Zunächst wurden sie mit Pferden oder Ochsen zum „Polterplatz“ geschleift, der neben der „Einbindestelle“ am Bach lag. Sie wurde auch „Wasserstube“ genannt; man muß sie sich wie eine kleine Talsperre vorstellen. In ihr wurden 8-12 gleichlange Stämme zu „Gestören“ eingebunden, das heißt mit Wieden (über feuer gedrillte Fichtenstämmchen) zusammengebunden. Ein solches Gestör war an die 20 Meter lang und 2-3 Meter breit.


    Wenn nun die Stube sich mit Wasser füllte, wurden die Gestöre, die zunächst nebeneinander lagerten, der Länge nach aufgereiht und hintereinandergebunden. Je 15-20 Gestöre bildeten ein Langfloß, das 300-500 Meter lang war und bis zu 300 Festmeter Holz enthielt.

    Solch ein Riesenwurm sollte nun auf dem kleinen Bach, den man zu Fuß überschreiten konnte, zu Tal geflößt werden?

    Es klingt unglaublich, aber es war so. Das gestaute Wasser ließ für kurze Zeit das Bächlein zum reißenden Fluß werden.

    Zunächst wurde ein Schwall „Vorwasser“ abgelassen, dem soviel Vorsprung gegeben wurde, daß das schneller eilende Floß es nicht einholen konnte. Dann wurde das Floß losgebunden und schoss davon. Mit erstaunlicher Schnelligkeit raste der Lindwurm dahin, durch Wälder und Schluchten, über Felsen und Wehre, bis ihn der ruhigere Lauf der Flüsse aufnahm.

    Das war ein anderes Flößen als später auf dem Rhein! Von 5 oder 6 Flößern geleitet, wand sich das Langholzfloß durch die Biegungen des Bachlaufs. An Steuern war da nicht zu denken. Nur die Sperrbalken, 2 oder 3 in jedem Floß, boten die Möglichkeit einzugreifen. Der wichtigste war hinten im letzten Gestör eingelassen. Blieb nun das Floß an irgendeinem Hindernis hängen, mußte sofort hinten gesperrt werden, damit die Gestöre keinen Knick, keinen „Ellenbogen“ bildeten, „Jockele, sperr!“ erscholl dann der Ruf, der lange zeit auf dem oberen Neckar und seinen Nebenflüssen zu hören war.

    Häufig mußte, um das Floß wieder flottzumachen, ein neuer Schwall Wasser aus den Stuben oder den eigens dazu angelegten „Schwellweihern“ losgeschickt werden. Das Flößen war eine oft lebensgefährliche Arbeit, die Erfahrung, Kraft und Geschicklichkeit erforderte. Dementsprechend waren auch Lohn und Verdienst des Flößers und sein Selbstbewußtsein.

    Aber da waren noch andere Hemmnisse.

    Überall gab es Aufenthalte und Kosten. Zwar waren hier und da bereits Floßgassen vorhanden, um Mühlenwehre oder Staustufen zu überwinden.

    Oft genug aber mußten Entschädigungen an Mühlen und andere Einrichtungen gezahlt oder in Naturalabgaben entrichtet werde, weil das Floß den Betrieb behinderte. Vor allem aber gab es Zölle. Der Südwesten Deutschlands war ein Schaubild der Kleinstaaterei. Allein von Neuenbürg im nördlichen Schwarzwald bis nach Mannheim waren 14 Zollstationen zu passieren!

    In Mannheim wurden dann die schmalen Langholzflöße – soweit das Holz nicht schon dort verkauft oder versteigert wurde – zu breiteren und mehrschichtigen Rheinflößen zusammengestellt. Meist waren es bereits die großen „Steifstücke“, aus denen dann in Mainz-Kastel, Koblenz-Neuendorf oder in Namedy unterhalb von Andernach die Holländerflöße entstanden.

    Mit ihren Anhängen und Kniestücken, mit drei Lagen Holz übereinander bildeten diese die gewaltige Menge von 500 000 Kubikfuß (etwa 15 000 cbm) Holz. Hinzu kam noch die Oblast an Schnittholz und Brettern, oft auch andere Waren, etwa Sandsteinplatte vom Main oder Mühlsteine aus Andernach.

    Ein solches Kapitalfloß stellte also einen beträchtlichen Wert dar, seine wochenlange Fahrt auf dem damals noch nicht regulierten Strom mit seinen Untiefen, Sandbänken, Strudeln und Felsenriffen bedeutete ein großes Risiko. Auch kam es vor, daß geringer Wasserstand, wandernde Bänke, Wracks oder Unwetter zuUnterbrechungen führten, die bisweilen Monate dauerten. Doch der große Holzbedarf in den waldarmen Niederlanden und in England, vor allem an Eichenholz für den Schiffs- und Hausbau, rechtfertigte den hohen Einsatz.



    Aus: Günter Sachse, Das Floß der armen Leute - Gefährliche Rheinfahrt 1791, C.Bertesmann, 1992

     

    Die Flößerei
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    Das Floß, vom Alt- und Mittel Hochdeutschen vloz, von Fluss bzw. fließen, ist uralt.  

    Im Alten Testament der Bibel wird über ein Floß aus Zedern und Tannen berichtet, das von Tyros nach Jerusalem gesteuert wurde, zu König Salomo, bestimmt zum Bau des ersten jüdischen Tempels in Jerusalem.
    Schwimmendes Holz kann zu einer kleinen Arche Noah werden.

    Ins Wasser gefallene Bäume, bieten Schutzräume für vielerlei Lebewesen.

    Unter frei im Meer treibenden Bäumen, sammeln sich Fische, Garnelen und Plankton.

    Zusammen mit Amphibien und kleinen Säugetieren an Bord, treiben diese kleinen Inseln durch die Flüsse und Meere, manchmal tausende von Kilometern weit.
    Für die Menschen war Holz ein Brennstoff, aber auch ein Baumaterial.
    In Deutschland stammen die ältesten Dokumente über die Flößerei aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Sicherlich ist die Flößerei aber viel älter.

    Über die Isarflößerei berichtet ein Dokument von 1174 (Abgaben der Mittenwalder Flößer an das Kloster Schäftlarn).

    1258 erwähnt ein Dokument die Flößerei auf der Saale.

     

    Historisches Lexikon Bayerns

     

    Bildergalerie
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     Flösserei

    Murg, Museum Freudenstadt

     

    Flösserei II

    Murg, Museum Freudenstadt

     

    Flößerei Füssen

    Lech, Museum Füssen

     

    Flößer aus dem Lechtale

    Flößer aus dem Lechtal, Museum Füssen

     Lechflößerei

    Lechflößerei, Museum Füssen
     
     

    Floß Lech MF

    Modell eines Baumfloßes, Museum Füssen

     
  • Das Murgtal

    Fahrt durch das Murgtal

     Murgschlucht 1024Der Regen hat aufgehört und der frische, kräftige Wind bläst die letzten dunklen Wolken gen Osten fort.

     

     

     

     

     

     

    Wir sind im Nordschwarzwald, auf dem Schliffkopf und genießen die jetzt kristallklare Sicht in das weite Umland. Unter uns liegt das Renchtal, wir sehen Straßburg und die Vogesen, gegen Südosten die Kniebishöhen und in der Ferne die Schwäbische Alb.Der Schliffkopf ist eine west-östliche Wasserscheide. In dieser Gegend wird der Boden von den beiden Hauptgesteinsarten des Schwarzwaldes, dem übergelagerten Buntsandstein und dem tiefer liegenden Granit, bestimmt. Die Quellflüsse von Rench und Murg graben sich durch den weichen Buntsandstein, ja schleifen ihn ab und dieser Vorgang gab auch dem Schliffkopf seinen Namen.

    Heute wollen wir dem Lauf der Murg durch das gleichnamige Tal, einem der größten Täler des Schwarzwalds, folgen und auf ihrem Weg nach Norden, bis zur  Mündung in den Rhein hinter Rastatt, die alten Städte und Flecken links und rechts des Flusses kennenlernen.

    Deren Hauptquellbach, die Rechtmurg, auch Weiße Murg genannt,  nimmt unterhalb des Schliffkopfs seinen Anfang und vereinigt sich mit dem am Ruhestein entspringenden zweiten Quellbach der Rotmurg in Obertal bei Baiersbronn,  zur Murg.

    Murg leitet sich ab vom keltischen Murgo („schwarzes Wasser“).

    Baiersbronn liegt in einer Mulde, die von fünf Talzugängen gebildet wird. Wie so viele Städte und Dörfer am Lauf der Murg wurde auch Baiersbronn schon im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt.

     

    Über die Baiersbronner wird folgendes berichtet:

    „Der Menschenschlag ist im Allgemeinen nicht sehr kräftig, eher unter, als über mittlerer Statur, eher dürftig, als gut genährt und mehr von blasser und kränklicher, als frischer und gesunder Gesichtsfarbe. Dieß gilt besonders von Baiersbronn, dessen Bevölkerung durch übermäßige Arbeiten und Entbehrungen aller Art sichtlich herabgekommen und verkümmert ist [...]. Ungeachtet dieses schwächlichen Aussehens sind aber diese Leute, namentlich die Baiersbronner, gegen atmosphärische Einflüsse und körperliche Strapazen sehr abgehärtet und zeigen eine ungewöhnliche Lebenszähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und körperliche Verletzungen.“ [1]

     

    Floß die Murg bisher in süd-östlicher Richtung in einem breiten Tal, dem Obertal, durch das Buntsandsteingebirge, so ändert sie nun ihren Lauf und biegt bei Baiersbronn nach Norden ab.

     

    Skulptur in der Murgschlucht A

    Beim ihrem Eintritt in die tiefer gelegene Granitschicht ändert sich auch das Landschaftsbild.

    Das Flussbett ist nun tief eingeschnitten, die Wälder reichen bis dicht an das Ufer heran, und das Gefälle nimmt stark zu.

    In einem heutigen Ortsteil der Gemeinde Baiersbronn liegt das 1085 gegründete Benediktinerkloster Reichenbach, ein Priorat des Klosters Hirsau. Die Gerichtsbarkeit blieb bei den Grafen von Eberstein. Heute hat dort die evangelische Kirchengemeinde ihre Heimat gefunden.

    Wir erreichen Schönmünzach. Hier mündet die wasserreiche Schönmünz, gespeist vom Wildsee, einem ehemaligen Schwallwasserbecken (s. Flößerei)  in die Murg, und an diesem Bach überqueren wir auch die ehemalige Landesgrenze von Württemberg und Baden. Schon im 5. Jahrhundert war hier die Stammesgrenze zwischen Alemannen (Schwaben) und Franken und hier lag und liegt eine noch heute bestehende Mundartgrenze, doch davon später mehr.

    Die Murg ist nun ein Wildwasser.

    Doch die einstige Kraft hat sie verloren, seit Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete, gewaltige Speicherbecken das Wasser der Murg und ihrer Nebenflüsse sammeln und im Murgkraftwerk bei Forbach die potenzielle Energie des Wassers zur Stromerzeugung genutzt wird. 1914 bis 1926 entstand der „Rudolf- Fettweis-Kraftwerkskomplex“ als Pumpspeicherkraftwerk, bestehend aus Murgwerk, Niederdruckwerk, Raumünzachwerk und Schwarzenbachwerk mit Schwarzenbachtalsperre.

       

    Rudolf-Fettweis-Werk A

     Westlich der Murg liegt Bermersbach, bekannt durch die „Giersteine“, ein Granitstein-Ensemble hoch über der Murg, über dessen Bedeutung sich trefflich streiten lässt, und östlich der Murg befindet sich Langenbrand, dessen Namensendung „Brand“ auf früher übliche Brandrodungen zur Siedlungsgewinnung hinweist.

    Bald sind wir in Au, eine im frühen 14. Jahrhundert im Lehnsbuch des Bistums Speyer erwähnte und heute zu Rastatt gehörende Gemeinde. Bekannt ist die St. Wendelinus-Kapelle, die sich auf einem Felsvorsprung hoch über der Murg befindet und bereits im frühen 15.Jahrhundert urkundliche Erwähnung fand. Später war, wie so oft, auch hier die Murg ein Grenzfluss; links war man protestantisch, rechts katholisch.

    Der Fluss spiegelt das Bild Weisenbachs. Fast nichts erinnert mehr an die große „Boomzeit“, als sich hier eines der größten Papierherstellungszentren Europas befand. Die Holtzmann AG hatte im 19. Jahrhundert in Weisenbach ihren Hauptsitz und im Murgtal drei große Werke.  Vieles wurden von Investmentgruppen übernommen und abgewickelt.


    Aber viele Firmen, z.B. Glatfelter Gernsbach GmbH & Co. KG oder die Firma Katz produzieren noch an ihren alten Standorten.

     Murgtal-Panorama A

     Sechs Kilometer flussabwärts liegt Gernsbach.

    1219 wurde dieser Flecken zum erstenmal als Stadt erwähnt und schon im 13. Jahrhundert war Gernsbach Handelsplatz und ein Zentrum des holzverarbeitenden Gewerbes. 1488 gaben sich die Murgschiffer hier ihre erste Satzung (s. Flößerei).

    Im Jahre 1387 ging die Hälfte der Stadt durch Kauf an die Markgrafen von Baden über, während die andere Hälfte im Besitz der Grafen von Eberstein blieb, bis dessen Besitz 1660 an das Bistum Speyer fiel. 1803 wurde der speyerische Anteil ebenfalls badisch.

    Die Stadt wurde 1417 durch eine Feuersbrunst zerstört und im Dreißigjährigen Krieg fast vollständig eingeäschert. In der badischen Revolution 1848/49 fand hier zwischen Aufständischen und preußischen Truppen ein blutiger Kampf statt.

    Die Stadt besitzt eine untere (St. Jakobs-) und eine obere (St. Anna-) Kirche. Erstere wurde im Jahre 1450 erbaut, durch Brand zerstört und 1693 wieder aufgebaut. In St. Jakob finden wir das Grab des Grafen Wilhelm IV. von Eberstein, 1562 schlossen sich die Steine über ihm.

    Das Juwel Gernsbachs ist das aus rotem Sandstein erbaute heutige Rathaus im Stil der späteren Renaissance, 1617 als Patrizierwohnstätte (J.J. Kast, Holzhändler und Mitglied der Murgschifferschaft) errichtet.

     Über der Stadt findet sich ein Rest der früheren Befestigung, der Storchenturm.

    Einer der berühmtesten Einwohner der Stadt war Karl Dreis, der badische Erfinder und Forstlehrer. Am 28. Juli 1817 war Gernsbach Ausgangspunkt seiner ersten Bergfahrt mit der Laufmaschine Draisine nach Baden-Baden.

    Wir sind weiter am Fluss.

    In einem Haus Ottenaus leben die Nachfahren einer Flößerfamilie und alle Geschichten der Familie ziehen an der blassen Tapete vorbei.

    Anton Rindenschwender (*28.01.1725 in Gaggenau, † 4.05.1803 ebenda), der Pionier des Tales Gaggenau, erfüllt in Gesprächen Geist und Wort. Er gründete die Gaggenauer Glashütte, wurde Mitglied der Murgschifferschaft, machte die Alb floßbar und gab seinem Hofgut nach einem Besuch der badischen Erbprinzessin Amalie von Hessen-Darmstadt und ihrem Ehemann Karl Ludwig von Baden den Namen Amalienberg. Rindenschwender war dreimal verheiratet und hatte aus seinen drei Ehen dreißig Kinder, nur neun davon überlebten ihren Vater. Er hinterließ ein Vermögen von 200.000 Gulden. Nach seinem Tod ließ Großherzog Karl Friedrich ihm ein Denkmal errichten. Der Obelisk aus Sandstein steht heute am Gaggenauer Marktplatz. Die Inschrift lautet: „Dem Stifter des Amalienbergs, Beförderer des Landbaus, Gewerbefleißes und Handels seiner Gegend.“ [2]

    1895 wurde hier bereits ein Automobil, der Orient Express, gebaut.

    Im Zweiten Weltkrieg wurden ¾ der Stadt zerstört.  

    Gegenwärtig ist Gaggenau eine prosperierende Industriestadt, die hauptsächlich durch die Produktionswerke der heutigen Daimler AG geprägt wird.

    Wir erreichen das „Tor zum Murgtal“, Kuppenheim, vermutlich von den Römern gegründet, urkundlich erwähnt im 11. Jahrhundert und einer der bedeutendsten Ort des Ufgaus. War Kuppenheim im 16. Jahrhundert noch eine aufstrebende Stadt in der Markgraftschaft Baden-Baden, wurde sie im Neunjährigen Krieg (Pfälzischer Erbfolgekrieg) vollständig zerstört. Mitte des 18. Jahrhunderts prosperierte die Stadt, verlor 1935 das Stadtrecht und erlangte dieses erst 1950 wieder.

    Im Dreißigjährigen Krieg entstand die Bezeichnung „Knöpflestadt“, dem bekanntesten Spitznamen Kuppenheims. Der Sage nach wurden die Kuppenheimer von den Schweden belagert und als die Nahrungsvorräte langsam zur Neige gingen, entschloss man sich zu einer List: Jeder sollte alles Mehl und Eier zusammentragen, um daraus „Knöpfle“, eine Art Spätzle, zu kochen. Diese wurden dann über die Stadtmauer geworfen, um den Feind glauben zu machen, man habe noch genug Vorräte. Da brachen die Schweden die vermeintlich erfolglose Belagerung ab und Kuppenheim war gerettet. [3]

    Wir kommen nach Rastatt.

    Und die Murg?

    Sie fließt, ab Gernsbach von Dämmen bewehrt, in ihrem breiten Tal dem Rhein zu.

    Seit zwei Jahren bekommt die Murg im Rahmen des HÖP (Hochwasserschutz- und Ökologiemaßnahme) und des LIFE+ -Projekts „Rheinauen bei Rastatt“ ein neues Bett. Die Dämme wurden zurückverlegt, zusätzliche 57 Hektar Überflutungsfläche geschaffen.

    Das Stadtgebiet von Rastatt soll bis zu einem gesetzten Hochwasserniveau (Maximum von hundert Jahren) geschützt werden.

     

    Renaturierung der Murg A

    Die Murg fließt weiter durch die Feuchtgebiete der Rastatter Rheinauen

    Murg 1km vor Mundung

     

    bis sie bei Steinmauern in den Rhein mündet.

    Murgmündung A


    [1] Königlich Statistisch-Topographisches Bureau: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. 1858.
    [2] Wikipedia.org, Anton Rindenschwender
    [3] Wikipedia.org, Kuppenheim
    [4] Ouvrage collectif de Heinz Plein, Erich Peter, Theo Kemper, BROST-Verlag GmbH, Rastatt, ebd.

     

    Willi Andreas Weishaupt 2014
    © Baden-GEO-Touren

     

  • Entlang der Oos

    Entlang der Oos

    Oos beim Aumatt-Stadion ADie Alemannen wohnten nun, etwa vom Jahr 237 nach Christi Geb., in dieser Gegend, und die Oos und die Murg bildeten die nördliche Grenze ihres Gebietes.

     An Aurelia’s Stelle sehen wir im Laufe der Zeit einen Ort sich erheben, den wir zuerst in einer Urkunde Dagobert’s II. vom Jahr 675 als eine Ostfränkische Besitzung unter dem Namen „Baldin“ erwähnt finden; späterhin begegnet er unserem Blick als der Hauptort des Oosgau’s (auch Uffgau, Usgau), sogenannt von dem Bergwasser, das bei seinem Ursprung Beinnersbach, weiter Oosbach und zuletzt Oelbach heißt.

     

    So beschreibt August Schnezler, ein Redakteur und passionierter Sagensammler den Ursprung Baden-Badens und erwähnt dabei auch die weiteren Namen des „Bergwassers“, der heutigen Oos.

    Baden-Baden war zu seiner Zeit, 1846, ein Marktflecken mit etwa 2.000 Einwohnern.

    Die heißen Quellen dienten zu Vielerlei.

    Zu Zeiten der Pest wurde ihr Wasser durch die Gassen geleitet, zu besseren Zeiten brühten die Metzger ihre Tiere auf den Wochenmärkten damit.

    Bei dem heutigen Kleingolfplatz war eine Stellfalle (Stellfallen waren Schleusen und dienten im Schwarzwald u.a. zur Wiesenbewässerung). Hier zweigten drei Kanäle ab, von denen der mittlere und stärkste über den Platz floss, auf dem heute die evangelische Stadtkirche steht. Am Kanal lagen Sägemühlen, Schmieden und Walkmühlen.

    Die Oos entspringt unterhalb des Scherrhofs, einem nordöstlich des Stadtteils Lichtental gelegenem, auch heute noch sehr beliebten Ausflugsziels.

    Das weitverzweigte Quellgebiet der Oos ist eines der wichtigsten Wasserreservoirs von Baden-Baden und Grundlage der ausgezeichneten Trinkwasserqualität von Baden-Baden.

     

    Ab Gaisbach fließt die Oos in südwestlicher Richtung am Hotel Fischkultur vorbei, bekannt von der Fernsehserie „Forellenhof“.

    Früher stand hier eine Sägemühle.

    Gaisbach Muhle Fischkultur SMBB

    Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird neben dem Hotel eine Fischzucht betrieben und heute können wir dort frischen Fisch in allen Variationen genießen.

    In Höhe Brahmsplatz mündet der Grobbach in die Oos.

    Nun fließt sie am Leisberg, aus dessen Gestein die nahegelegene Kirche St.Bonifatius gebaut wurde, entlang, zum Kloster Lichtenthal.

    Irmengard von Baden, Enkelin Heinrich des Löwen, die Klostergründerin, war eine intelligente Frau, die die Kunst des politischen Spiels beherrschte.

    Die Oos war damals Grenzfluss zwischen den beiden Bistümern Speyer und Straßburg. Der Bischof von Straßburg bekämpfte Frauenklöster, also musste das Bistum gewechselt werden. Irmengard ließ die Grenze verschieben. Sie leitet die Oos um.

    Nun lag das Kloster auf der „richtigen“ Seite.

    Kloster L. Luftaufnahme v. Ballon Sign

    Kloster Lichtenthal, nach oben (Süden hin) die Oos , rechts am Wehr waren die Mühlen

     

    Durchs weite Tal fließt die Oos nun in die Lichtentaler- und Kaiserallee.

    Sie durchquert nun einen der schönsten Landschaftsgärten Europas.

     

    Oos beim Augustaplatz A

     

    Exotische Bäume arrangiert in weitläufigen Parkgärten säumen ihren Weg, sie fliesst vorbei an den Grandhotels und den prächtigen Bürgerhäusern mit ihren kunstvoll ziselierten Oos-Brücken, dem alten und neuen Kunstmuseum, dem Casino und der Trinkhalle.

     

    Trinkhalle A

    Dann verschwindet die Oos im Untergrund, begradigt und kanalisiert wurde sie bereits im 19. Jahrhundert nach mehreren Flutkatastrophen, die schlimmste war im Jahr 1851, als viele Häuser und Brücken fortgerissen wurden.

    Beim Verfassungsplatz taucht sie heute wieder auf und fließt südlich an dem, zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Dr. Groddeck initiierten und nach den Plänen von Paul Schmitthenner errichteten, richtungsweisenden Siedlungsbaus des Ooswinkels vorbei.

     

    Ooswinkel vM s r

     

    Die Oos fließt weiter und telt sich in einen westlichen und einen nördlichen Arm teilt. Dies ist keine natürliche Gabelung, sondern eine im 19. Jahrhundert realisierte Kanalisierung.

    Die westliche Oos mündet in den Sandbach und dieser bei Iffezheim in den Rhein.

    Die nördliche Oos mündet in den Landgraben, der bei Rastatt in die Murg und diese bei Steimauern in den Rhein.

     

    Willi Andreas Weishaupt
    © Baden-GEO-Touren
     
     
     

     Quellen / Literatur:

    August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper,
    Karlsruhe1846, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource,

    Beschreibung des badischen Murg- und Oosthales W.F. von Kettner 1843

    http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10019894_00005.html


    „Faites votre jeu“, Klaus Fischer, Geschichte der Spielbank Baden-Baden, 1975
    Übersichtskarte, Karlsruher Wanderbuch, gez. Von R.Moser


    Bildnachweis:

    Gaisbach Mühle, Stadtarchiv Baden-Baden
    Eigenes Werk

     

  • František Xaver Sandmann - Ansicht von Prag

    František Xaver Sandmann - Ansicht von Prag (um 1840)

  • Gertrud Staats - An der Oder

    Gertrud Staats - An der Oder

  • Giuseppe Zocchi - Blick auf den Arno in Florenz

    Giuseppe Zocchi - Blick auf den Arno in Florenz

  • Holzschnitt von Florenz aus der Schedel'schen Weltchronik

    Schedel'sche Weltchronik
    Florenz

    Holzschnitt von Florenz aus der Schedel'schen Weltchronik

  • Im Fluss der Geschichte - Der Rhein

    Im Fluss der Geschichte - Der Rhein
     
     
     Arnold Forstmann: Nonnenwerth, Rolandseck und Drachenfels
    via Wikipedia Commons
     

    Der Rhein ist ein alter Fluss. Über die Jahrtausende hat er seinen Namen behalten, was auch bei Flüssen selten ist. 

    Und über viele Millionen von Jahren ist er groß geworden. 

    Vor 50 Mio. Jahren:                                                                                                                

    Der älteste der Rheinbrüder ist der Ur-Alpenrhein. Er entwässerte den nordöstlichen Ur-Alpenraum und mündete in die Ur-Donau. 

    Durch den Druck der Alpen zog sich im Alpennordland das Meer immer weiter zurück.

    Vor 40 Mio. Jahren:                                                                                                                

    Der mittlere Rheinbruder, der Ur-Oberrhein entstand. Er entsprang bei Straßburg und mündete bei Mainz ins Meer. 

    Die Alpen wuchsen. Das Land hob und senkte sich.

    Vor 30 Mio. Jahren:                                                                                                                

    Der jüngste Rheinbruder, der Ur-Mittelrhein entsteht. Er wurde bei Koblenz geboren und mündete bei Bonn in die Ur-Nordsee. 

    Vor 25 Millionen Jahren existierten also drei Vorläufer des heutigen Rheins, die jedoch nicht miteinander verbunden waren.

    Vor 15 Mio. Jahren floss der Oberrhein in den Mittelrhein. Dieser Rhein war 500 km lang und bestand über Jahrmillionen. 

     

    Eine Million Jahre vor unserer Zeit war es dann soweit. Die Gletscher der letzten Eiszeit schmolzen weiter und als sich der Rheingraben immer weiter senkte, fand der Ur-Alpenrhein als einziger Alpenfluss seinen Weg nach Norden, zum tiefergelegenen Oberrhein.

    Dann wurde es wieder kälter. Vor 160.000 Jahren lenkten die skandinavischen Gletscher den Rhein nach Westen um.

    Seit 30.000 Jahren besteht das heutige Mündungsgebiet.

     

    Man stelle sich vor, der Rhein hätte einen anderen Weg gefunden.

    Städte wie Basel, Worms oder Köln lägen, wenn sie denn überhaupt gegründet worden wären, nicht an einem sie verbindenden Fluss, sondern am Rande einer gewaltigen Schlucht ähnlich (wenn auch kleiner) dem heutigen Grand Canyon oder dem afrikanischen Rift Valley.

    Aber so kam es nicht. Der Rhein floss gen Norden.

    Die Lachse zogen rheinaufwärts.

    Für unsere Vorfahren war der Rhein eine wichtige Handelsroute.

    Schon vor vielen Jahrtausenden wurden Waren wie Bernstein, von der Nord- und Ostseeküste über Rhein und Rhône, Mittelmeer und Nil nach Afrika und bis nach Asien exportiert.

     

    Wie sah er aus, der Vater Rhein?

     

     

    Johann Ludwig Bleuler: Zusammenfluss von Rhein und Ill,
    von Nordosten (bei Meiningen, Vorarlberg; gegenüberliegende Rheinseite: Oberriet, Kanton St. Gallen); Aquatinta, koloriert
    via Wikipedia Commons

    Der Alpenrhein war wild und nur sehr eingeschränkt schiffbar. Der Rheinfall war und ist noch heute noch eine unüberwindbare Barriere für den Schiffsverkehr.

    Der Oberrhein war ein kilometerbreiter Strom, mit aufgespülten Sandinseln, Treibsand, breite flache, sumpfige, tote Arme. Jedes Frühjahr (nach der Schneeschmelze in den Alpen) trat er über seine vielen Ufer (es gab nicht nur einen, sondern drei Fluss-Arme, die sich veränderten, mäanderten) und überflutete riesige Flächen.

    Am Oberrhein umspülte der Fluss mehrere tausend Inseln.

    Der Mittelrhein (von Bingen bis Bonn) war der Schrecken der Flößer und Schiffer.

    Nicht nur eine schöne Frau verhexte dort die Männer, starke Strömungen und gewaltige Strudel, verursacht durch Felsen im Fluss, machten die Durchfahrt zum gefährlichen Abenteuer.

    Das Binger Loch verhinderte die durchgehende Befahrung des Rheins.

    Ab Köln war das Flussbett breit und tief und Seeschiffbar.

    Der Rhein war immer ein verbindender Fluss.

     

    Nikolai von Astudin: Blick auf Köln
    via Wikipedia Commons

    Ein Grenzfluss wurde er in römischer Zeit.

    Auf Galeeren und Flößen brachten die Römer ihre Soldaten in Stellung.

    Innerhalb von 10 Tagen errichteten sie eine 400 m lange Holzbrücke über den Rhein (zwischen Andernach und Koblenz) um einen Rachefeldzug gegen die Germanen zu führen. Nach dem erfolgreichen Rückzug der römischen Legionen wurde die Brücke wieder abgebaut.

    Der Rhein floss nun durch römische Provinzen und beförderte die Güter, die den Reichtum von Rom begründeten.

    Hierzu wurden Städte gegründet, Straßen und Häfen gebaut, Flussmündungen befestigt.

    Straßburg, Seltz, Worms, Mainz, Bingen, Koblenz, Remagen, Bonn, Köln, Neuss, Xanten, Kleve, fast alle linksrheinischen Städte haben römische Wurzeln.

    Ein buntes Völkchen bewohnte die Städte.

    Dann zogen die römischen Garnisonstruppen ab und neue Herren kamen.

     

    Johann Adolf-Lasinsky: Koblenz-Ehrenbreitstein, 1828
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    So auch in Worms. 413 ließen sich die Burgunder dort nieder.

    Sie kamen von der Ostsee und wurden von den Römern in Worms angesiedelt um dort deren Grenzen zu sichern. Ihnen aber lag mehr daran die römische Oberherrschaft abzuschütteln, was ihnen jedoch nicht gelang. Erst wurden sie von den Römern geschlagen (435) und ein Jahr später von den in die Rheinebene einbrechenden Hunnen fast vernichtet.

    Dieses Trauma floss in den Erzählungen ihrer und anderer Nachfahren ein.

    Ein anonymer Autor (1) hat in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts diese damals sehr beliebten Heldensagen zusammengefasst.

    Heute kennt man sie unter dem Namen „Nibelungenlied“.

     

     

    Siegfrieds Tod
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    Und folgt man diesen Gesängen und Versen, hat der Rhein bei Worms den „Nibelungenhort“, seinen gewaltigen Goldschatz bis in die heutige Zeit sicher verwahrt. Noch heute findet man Gold im Rhein.

    An einem Frühlingstag im Jahr 723 verlässt ein 50-jähriger Engländer die Stadt Mainz.

    Seit kurzem ist er Bischof und seitdem rastlos unterwegs. Er ist nicht allein, sondern fränkische Soldaten, Handwerker und Zimmerleute, Schmiede und Steinmetze begleiten ihn.

    Die Expedition hat das Ziel Stützpunkte des Glaubens zu errichten und das Christentum von den heidnischen Irrlehren zu „reinigen.“

    Der Engländer, der später unter seinem vom Papst ausgewählten Namen Bonifatius heilig gesprochen wurde, erreichte die Büraburg (beim heutigen Fritzlar), ein fränkisches Bollwerk, ein Außenposten. Dorthin konnte er sich zurückziehen, falls sein angekündigter Coup, die seit Urzeiten dem Gott Thor geweihte Eiche zu fällen, misslingen würde.

     

    Wirken und Martyrium des Bonifatius
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    Bonifatius fällte den Lebensbaum und hatte, da die göttliche und damit auch die menschliche Vergeltung auf diesen Frevel ausblieb, die Zweifler von der Macht des Christentums überzeugt und zudem Bauholz für eine Kapelle.

    Bonifatius war ein ausgezeichneter Organisator. Er ordnete die Bistümer neu und so gab es lange vor einem politischen bereits ein kirchliches Deutschland mit der Hauptstadt Mainz am Rhein.

    Die damaligen Bischöfe der Kirchenprovinzen waren „Kämpfer Gottes“.

    Zwischen 886 und 901 kamen zehn Bischöfe im Kampf gegen die Normannen auf den Schlachtfeldern ums Leben.

    Aber nicht nur die Bischöfe waren Wegbereiter der Missionierung.

    Das waren auch die damaligen Klöster: Lorsch, Weißenburg, Fritzlar, Fulda und viele andere mehr.

    Historisch sind wir in der mittelalterlichen Warmzeit. Auf Grönland wurde Wein angebaut, das Polarmeer war in beide Richtungen schiffbar.

    Im dichten Morgennebel fuhren Piratenschiffe rheinaufwärts.

    Die Drachenboote der Wikinger erreichten Köln.

    Die Wikinger kannten sich aus. Sie waren nicht zum ersten Mal hier.

    Schon lange betrieben sie mit ihren einzigartigen Schiffen Handel - auch auf dem Rhein.

     

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    Auch jetzt wurde „verhandelt“. Die Städte am Rhein (Dorestad, Xanten, Duisburg, Köln, Bonn, Andernach und andere) mussten entweder Schutzgeld bezahlen oder wurden kurzerhand geplündert und niedergebrannt. Kirchen, Klöster und reiche Höfe waren davon nicht ausgenommen.

    Am 1. Mai 1006 erleuchtete plötzlich ein grelles Licht das südliche Firmament. Die heute als SN 1006 bezeichnete Supernova war wahrscheinlich das hellste Gestirn, das jemals den Himmel erleuchtete (2).

    Am den Ufern des Rheins begann ein Bauboom.

    Romanische Basiliken wie der Mainzer Dom oder St. Pantaleon in Köln entstanden.

    In St. Pantaleon liegt Theophanu, die erste Kaiserin des ostfränkisch-deutschen Reiches begraben. Sie selbst hätte dieser Wortwahl widersprochen, sie war der Kaiser.

     

    Köln im Jahr 1499
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    Köln war im Mittelalter die größte und reichste Stadt Deutschlands. Ihre Kaufleute handelten mit Venedig, Flandern, England. Viele englische Kaufleute lebten in Köln, englische Münzen waren ein gültiges Zahlungsmittel.

    Im 12. Jahrhundert verlieh der englische König Heinrich II. den Kölner Kaufleuten guildhall die Gildehalle in London.

    Sein Sohn Richard Löwenherz, der auf seinem Heimweg vom Kreuzzug in Gefangenschaft geriet wurde mit dem Geld der Kölner Kaufmannsleute freigekauft. Als Dank verlieh Richard ihnen üppige Privilegien, wie sie keine andere deutsche Stadt damals innehatte.

    Dies interessierte die Lübecker und darauf bauten auch die Privilegien der Ostseestädte des 13. Jahrhunderts, aus denen sich die Gemeinschaft der niederdeutschen Kaufleute, die hansa Alemanie, entwickeln sollte (3).

    Die Hanse entstand nicht (nur) in Lübeck, sie hat ihre Wurzeln auch am Rhein und natürlich im Ausland.

     

    Die rheinischen Städte existierten nicht nur innerhalb von Staaten, manche waren Staaten.

    Dieses Streben nach eigner Stärke und der Suche nach Bündnispartnern führte im Jahr 1254 zum ersten Rheinischen Städtebund.

    Fast 60 Rheinstädte schlossen sich zusammen. Die Handelswege sollten durch eine eigene Flotte geschützt und die Zollstationen (es gab über dreißig) reduziert werden. Und obwohl auch einige Landesfürsten diese Forderungen der Städte unterstützen, war man nicht einig und mächtig genug, dies durchzusetzen und so zerfiel dieses Bündnis innerhalb kurzer Zeit.

    Der Winter 1341/42 war lang und kalt. Es schneite fast jeden Tag. 

    Im Februar folgte eine kurze Tauphase, die zu ersten Überschwemmungen führte. Bis in den April hinein war es frostig kalt und der Schnee schmolz nicht. 

    Im Mai regnete es tagelang. 

    Der Sommer war kurz, heiß und trocken. Es fiel kein Tropfen Regen. Der Boden wurde hart wie Beton.

    Im Juli 1342 zog ein riesiges Tiefdruckgebiet von Italien nordostwärts, diese Konstellation wird heute als Vb-Wetterlage bezeichnet. 

    Damit begann eine der größten Naturkatastrophen der letzten 2.000 Jahre.

    Ab dem 18. Juli regnete es im gesamten Rheingebiet vier Tage und Nächte  lang.

    In manchen Gebieten fielen bis zu 200 l/qm Regen. 

    Am Oberrhein führten die Wassermassen, gespeist durch Aare, Neckar, Main und Mosel, zu einem gigantischen Wasserstrom, der alles mit sich riss und das gesamte enge Mittelrheintal überflutete.

    In Köln stieg der Wasserspiegel um 11m. 

    Im Mainzer Dom stand „ einem Mann das Wasser bis zum Gürtel“.

    Mauern, Brücken, Häuser – alles zerstört. 

    Die Wassermassen trugen 13 Milliarden Tonnen Ackerboden ab. Der fruchtbare Löß wurde in den Rhein gespült und vernichtete große Teile der Landwirtschaft. 

    Die ohnehin geringen Baumbestände des 14. Jahrhunderts wurden weiter dezimiert, so dass es fast keine Wälder mehr gab.

    Zehntausende von Menschen starben durch die Magdalenenflut.

    https://www.spektrum.de/news/magdalenenflut-als-das-mittelalter-den-boden-unter-den-fuessen-verlor/2148510?utm_source=sdwv_daily&utm_medium=nl&utm_content=heute

     

    Aber der Geist der Stadtluft, dieLuft diefrei macht, verbreitete sich vom Niederrhein bis nach Lothringen.

    Die freien Städte wurden immer reicher und mächtiger. Doch sie waren nur Inseln im Fluss.

    Links und rechts des Rheins galt ein anderes Recht, nämlich das der herrschenden Fürsten.

    Hier die reichen Städte, mit ihren Bürger- und Zunftrechten, aber nicht Willens politisch über die städtischen Grenzmauern hinaus zu blicken.

    Keine rheinische Stadt, außer Basel, liegt auf beiden Seiten des Flusses.

    Dort die Fürstentümer, untereinander vernetzt oder verfeindet, manche geführt von Egomanen, alle fürchterlich wichtig. Viele lebten gut, besonders von ihren Untertanen.

     

    Aber die taten sich zusammen.

    1525 wurde in Memmingen die erste europäische Menschenrechts-Deklaration „die Zwölf Artikel“ verfasst und gedruckt und am Rhein wurden von der Gemeinschaft geplante Deiche gebaut.

    Neue Ideen setzen sich schnell durch. Nach Gutenberg gab es kein Halten mehr.

    Im 16. Jahrhundert wurden in Europa über 200 Millionen Bücher gedruckt.

     

    Was das mit dem Rhein zu tun hat?

     

    Um 1500 gab es in Haguenau über 30 Druckereien.

    Thomas Anshelm von Badensis (Baden-Baden) druckte in Tübingen, Haguenau und Pforzheim die Werke Reuchlins und damit auch die ersten hebräische Texte in Deutschland.

    Die Hälfte aller Schriften Luthers wurde in Straßburg gedruckt.

    Und der Rhein verbreitete sie.

    1540 war der extremste Sommer des vorigen Jahrtausends.

    Elf Monate regnete es praktisch nicht.

    Die Temperatur lag fünf bis sieben Grad über den heutigen Normalwerten, verbreitet wurden im Sommer 40 Grad erreicht.

    In Spanien wurden bereits im Oktober 1539 Bittgottesdienste für Regen abgehalten.

    In Norditalien fiel von Oktober 1539 bis März 1540 kein Tropfen Regen.

    In der Schweiz (Zürich) von Februar bis September 1540.

    Schon im Frühjahr fehlte das Wasser.

    Der Rhein, die Elbe oder die Seine konnten zu Fuß durchwatet werden.

    Lindau am Bodensee war mit dem Festland verbunden.

     

    Als 1581 die Republik der sieben Vereinigten Provinzen (die heutigen Niederlande) ihre Unabhängigkeit proklamierte, kam es zu einem Einschnitt.

    Mitten durch den Rhein ging nun die Grenze zwischen den calvinistischen Niederlande und dem katholischen späteren Belgien.

    Damit wurde der Rhein endgültig zum Grenzfluss und die erste Rhein-Achseentstand.

     

    Unser Lachs kannte keine Achsen, geomagnetische vielleicht. Er schwamm, wie seit Jahrtausenden, den Rhein und seine Nebenflüsse hinauf.

    Im Rhein und seinen Zuflüssen existierte die größte Lachspopulation des Atlantischen Ozeans.

     

    „... Die grösten Salmen bey unß, kommen biß uff ein halben Centner schwer“, berichtet uns ein Straßburger Fischer (1647).

     

    Während dessen reihte sich Krieg an Krieg. Der achtzigjährige Krieg, der den Niederlande die Freiheit brachte, der dreißigjährige Krieg (mit dem Seekrieg auf dem Bodensee), in dem die Bevölkerung, vor allem die Süddeutschlands, magdeburgisiert wurde, der neunjährige Krieg - der Rhein sah unendliches Leid und trug viele in ihr kaltes, feuchtes Grab.

     

    Auch am Rhein wurde es immer feuchter und kälter.

    In manchen Jahren regnete es sintflutartig. Der Rhein überschwemmte Städte und Felder. Es gab keine Ernten. Hunger herrschte.

    Die Winter waren lang und kalt, und der Rhein fror für viele Monate zu.

     

    Kleine-Eiszeit
    Bernhard Gottfried Manskirch (1736-1817), Volksfest auf dem zugefrorenen Rhein 1767,
    Mittelrhein-Museum Koblenz
    via Wikipedia Commons

     

    Im Winter 1783 war es ab Dezember in ganz Europa außergewöhnlich kalt. Dann schneite es im Rheingebiet bis Ende Februar fast jeden Tag. Ein Wärmeeinbruch brachte das Eis und den Schnee zum Schmelzen und es regnete und regnete.

    Die Eisflut brach los. Riesige Eisschollen und entfesselte Wassermassen zerstörten Brücken, Häuser, ja ganze Dörfer mit all ihren Menschen fielen dem Rhein zum Opfer.

    Die „kleine Eiszeit“ ließ die Bevölkerung hungern und sterben.

    Adel und Klerus waren von direkten Steuern ausgenommen, erhoben ihrerseits weitere Abgaben auf Besitzveränderungen oder Erbschaften, forderten erweiterte Jagdrechte, und da sind wir wieder beim Lachs, der erst spät ein „Arme Leute Essen“ wurde.

     

     

    Lachs800

    Ein Lachs, Heinrich Lihl, Werkstatt um 1750,
    bez. „disen Lachs haben Ihro durchl. Herr Margraff von Baden-Baden in dem Mürgener laxfang gestochen..“, Dauerleihgabe der Sparkasse Rastatt-Durlach, Stadtarchiv Rastatt
     

    „Dem gemeinen Volk“war es lange Zeit verboten Lachse für den Eigenbedarf zu fischen (4). 

    Die Franzosen nahmen die amerikanische Unabhängigkeitserklärung (und ihre leeren Mägen) zum Anlass und revoltierten. Andere versuchten, den nächsten Tag zu überleben.

    Wieder andere zogen mit ihren Armeen über den Rhein, Blücher am 1. Januar bei Kaub.

     

    Blücher

    Wilhelm Camphausen (1818-185), Blüchers Rheinübergang bei Kaub im Januar 1814,
    Mittelrhein-Museum Koblenz
    via Wikipedia Commons

     

    Hier erreichte angeblich vor vielen Jahrhunderten der Mainzer Bischof Theonest das rettende Ufer nachdem ihn die Germanen in ein marodes Fass gesteckt und in den Rhein geworfen hatten. Dieser Bischof soll den Einwohnern den Weinbau gelehrt haben.

    Blücher mochte Wein. In Paris gab es Rheinwein für die Sieger.

    Mit der Industrialisierung Europas im 19. Jahrhundert ging es dem Rhein an den Kragen.

    Ein Vertrag zwischen Baden und Frankreich ermöglichte 1842 den Beginn der großen Rheinbegradigung, die Johann Tulla bereits vor 20 Jahre vorgeschlagen hatte. (6)

    Auch die Felssprengungen am Binger Loch (ab 1850) erleichterten die Arbeit der Flößer und begünstigte die Schifffahrt. Nun war der Rhein von Basel bis Rotterdam schiffbar.

    Rotterdam ruht auch auf den mächtigen Baumstämmen des Schwarzwalds.

    Die „Holländer-Flöße“ boomten und 1856 verkaufte die „Rheinische Dampfschiffahrts-Gesellschaft“ bereits über eine Million Fahrscheine für eine Fahrt auf dem Rhein. Von 1860 bis 1960 kamen 2 Milliarden Besucher ins Mittelrheintal.

     

    Dann war da noch ein Poet, Weltbürger und Revolutionär. Der überquerte 1848 bei Straßburg den Rhein, zusammen mit einem bunten Haufen, bestehend aus ca. 700 deutschen Handwerkern aus Paris, und um die 200 Franzosen waren auch dabei. Sie alle wollten der deutschen Revolution zum Sieg verhelfen. Einige Jahre zuvor hatte der von H. Heine als „eiserne Lerche“ bezeichnete Poet den Rhein „besungen.“ (7)

    Heine selbst verfasste seine berühmten Verse über die „Lore-Ley“, die 100 Jahre später L. Feuchtwanger neu interpretierte. (8)

     

    Loreley800

    Louis Bleuler, Blick auf die Loreley und auf den Lachsfang
    via Wikipedia Commons
     
     

    "Berufsfischerei am Rhein war früher eine Goldgrube. Jahrhundertelang war der Strom Deutschlands fischreichstes Gewässer. 

    In den Lokalen längs des Flusses galt der Rheinsalm als Spezialität. Rheinaale waren kostbare Leckerbissen. Eine alte rheinische Gesindeordnung verbot im 19. Jahrhundert, daß den Hausangestellten öfter als dreimal in der Woche Lachs zugemutet werden durfte. 1885 zählten die Fischer 130 000 gefangene Lachse, 1900 waren es nur noch 60 000, 1930 mußten sich die Fischer bereits einen Ertrag von 10 000 Lachsen teilen, 1950 zogen sie nur noch 3000 Lachse an Land. Heute existiert die Lachsfischerei nicht mehr. Auch die übrigen Rheinfische verschwanden rapide: 1950 gingen noch 4316 Kilogramm Salme ins Netz; drei Jahre später nur noch dreißig Kilogramm. 

    Der letzte Stör wurde im Sommer 1931 gefangen. Die Fischbrut geht an der Uferböschung durch Ölrückstände zugrunde".

    s. Sepp Binder, DIE ZEIT, Nr.37/1971

     

    Der Rhein als deutsches Gut wurde im neuen Kaiserreich immer aggressiver thematisiert.

    Die (in)offizielle Nationalhymne der Deutschen war „Die Wacht am Rhein“,

    mit den Zeilen: „...Reich, wie an Wasser..., ist Deutschland ja an Heldenblut!“

    Wer kein Held sein wollte, war einsam. Auch Jahrzehnte später.

     

    Lorenz Clasen 1860 - Germania auf der Wacht am Rhein
    via Wikipedia Commons

     

    1932 veröffentlichte Erich Kästner seinen „Handstand auf der Loreley“. (9)

     

    13 Jahre später war es vorbei mit den Helden. Der Rhein floss durch zerbombte Städte und verwüstete Landschaften. 

    Millionen deutscher Kriegsgefangene wurden nach Kriegsende in den „Rheinwiesenlagern“ interniert. 

     

    Damals war das Wasser noch so klar, dass man auf den Grund des Rheins schauen konnte.

    Dann kam das Wirtschaftswunder. 

    Der Rhein war nur noch Transportweg und Abwasserkanal.

    1967 wurde in der französichen Gemeinde Rhinau (Höhe Kappeln-Grafenhausen auf deutscher Seite) der letzte Lachs aus dem Rhein gefischt.

    Am 19. Juni 1969 wurde der Rhein silbern. 

    Die heißen Sommertage hatten den Rhein schon fast in die Knie gezwungen, da der Sauerstoffgehalt unter 2mg / l (bei 1,5 mg/l ist der Fluß "biologisch tot") lag.

    Dazu kam eine unbekannte Menge des Pflanzenschutzmittels "Thiodan" (Handelsnahme, ist Endosulfan) die am 19. Juni in den Rhein gelangte. Verursacher war entweder der Produzent Hoechst AG am Untermain, oder ein Lastschiff hatte einige Fässer des Giftes bei Bingen verloren.

    "Von oben sah der Rhein silbern aus, so viele Fischkadaver trieben auf dem Wasser". Die Ratten flüchteten aus dem Rhein. Über 100 km rheinabwärts erstreckte sich der Leichenzug. Bis heute ist der Verursacher dieses Unglücks nicht benannt.

    In den 1970er Jahren war der Rhein eine Kloake. Ausbaden mussten das vor allem die Niederländer, die die Rheinstaaten zum Handeln zwangen. Klärwerke wurden gebaut, Einleitungen der Industrie reduziert, Meldesysteme etabliert.

    Am 1. November 1986 wurde der Rhein rot.

    In dem Baseler Industriegebiet Schweizerhalle geriet eine Lagerhalle der Fa. Sandoz in Brand.

    In der Halle lagerten 1.350 Tonnen Pestizide, Insektizide (darunter 1,9 Tonnen Endosulfan), Herbizide (Atrazin) und diverse Lösungsmittel.

    Alle Chemikalien dieser Lagerhalle verbrannten, sickerten in den Boden, oder floßen mit dem Löschwasser (min. 30 Tonnen) in den Rhein. 

    Erst am 3. November informierte Sandoz die Wasserwerke rheinabwärts.

    Auf mehr als 400 km, bis nach Bingen, starb alles; Fisch und Krebs, Aal und Muschel.

    Trotz seiner schnellen Fließgeschwindigkeit erholte sich der Rhein nur langsam.

    Ausgesetzte Lachse kommen heute bis zur Sieg und finden dort vielleicht in Zukunft einen Laichplatz, aber bis Basel hat es noch keiner geschafft.

    2015 wurden 228 aufsteigende Lachse am Fischpass Iffezheim gezählt.

    Seit zwei Generationen hat der Rhein keinen Krieg mehr gesehen. 

    Man hat ihn ausgezeichnet und in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

    Ein Wassertropfen braucht etwa einen Monat von der Quelle bis zur Mündung. 

    Dabei setzt man im Bodensee eine mittlere Fließgeschwindigkeit des Rheins voraus. 

    Es soll ja Wassertropfen geben, die jahrelang im Bodensee verbleiben.

    Anmerkungen

     

     

    (1)       Heutzutage wird Bligger II. von (Nekkar-) Steinach, der um 1200 am Hof der Wormser Bischöfe lebte und arbeitete als Verfasser des Liedes angesehen.

     

    (2)       Außer der Sonne natürlich. Die Supernova war jedoch so hell, dass man sie monatelang auch bei Tag sehen konnte und jahrelang mit bloßem Auge des Nachts.

     

    (3)       Gisela Graichen, Rolf Hammel-Kiesow, Die deutsche Hanse, rowohlt, 2011

     

    (4)       Die ländliche Bevölkerung war ohne Rechte, sie waren Sklaven der Großgrundbesitzer.

    Ihre winzigen „eigenen“ Parzellen mussten intensiv genutzt werden, so z.B. in Irland mit Kartoffeln. Als dort 1845 ein Pilz die gesamte Kartoffelernte vernichtete, hatten die Iren nichts mehr zu essen, da alle Felderzeugnisse nach England verschifft wurden. Als die Iren verhungerten, verließen jeden Tag Schiffe beladen mit Weizen, Gerste, Gemüse, usw. die Häfen von Irland.

                    
     

    (5)       Vor 200 Jahren (1815) brach in Indonesien der Vulkan Tambora aus, die heftigste Vulkaneruption seit 25.000 Jahren (VEI: 7). Der Himmel verdunkelte und färbte sich. Das „Jahr ohne Sommer“ begann. Viele Jahre gab es keinen Sommer. In den Mittelgebirgen von Europa und in weiten Teilen Amerikas schmolz der Schnee übers Jahr nicht mehr; es schneite im Sommer. Im Sommer froren die Brunnen zu. Vielerorts gab es keine Ernten. Globale Windsysteme veränderten sich. Die Cholera kam nach Europa.

     

    (6)       1825 veröffentlichte Johann Tulla sein Buch „Über die Rektifikation des Rheins von seinem Austritt aus der Schweiz bis zu seinem Eintritt in das Großherzogtum Hessen.“ Auf 88 Seiten beschreibt er die Ist-Situation am Rheingraben, schlägt, belegt durch Messungen, die Begradigung des Rheins vor und liefert eine Kosten-/Nutzen- Rechnung, die zeigt, dass das gesamte Wasservolumen nur bewältigt werden kann, wenn der Rhein sein Flussbett tiefer gräbt. Höhere Deiche bedeuteten höhere Kosten.

     

    1876 waren die Bauarbeiten am Rhein beendet. Korrektionsdämme links und rechts begrenzten den Kanal, Hochwasserdämme im Hinterland sollten die Überschwemmungen stoppen. Der Rhein wurde kürzer, die Fließgeschwindigkeit nahm zu und der Rhein grub sich (bis zu 10m) in die Tiefe. Der Wasserspiegel sank, Felsen tauchten im Rhein auf, Felder vertrockneten, auch weil der Rhein nicht mehr über seine Ufer treten konnte.

    Die „Korrektur“ des Rheins dauert bis heute an.

     

    (7)       Rheinweinlied

    Wo solch ein Feuer noch gedeiht,

    Und solch ein Wein noch Flammen speit,

    Da lassen wir in Ewigkeit

    Uns nimmermehr vertreiben.

    Stoßt an! Stoßt an! Der Rhein,

    Und wär’s nur um den Wein,

    Der Rhein soll deutsch verbleiben.

    ........

    Der ist sein Rebenblut nicht wert,

    das deutsche Weib, den deutschen Herd,

    Der nicht auch freudig schwingt sein Schwert,

    Die Feinde aufzureiben.

    Frisch in die Schlacht hinein!

    Hinein für unsern Rhein!

    Der Rhein soll deutsch verbleiben.

     Georg Herwegh

     

     

    (8)      „Als ich den Rhein hinauffuhr, inmitten von Hochzeitspärchen,
    sangen die zumeist aus Deutschland stammenden Leute,
    sie seien traurig infolge alter Märchen,
    und sie wüßten nicht, was das bedeute.

    Wenn mein Sohn dergleichen Unsinn äußerte,
    noch dazu singend,
    würde ich sofort einen Arzt konsultieren.“

     

     Lion Feuchtwanger, Rheinfahrt

     

    (9)       Der Handstand auf der Loreley (1932)

    (Nach einer wahren Begebenheit)

     

    Die Loreley, bekannt als Fee und Felsen,

    ist jener Fleck am Rhein, nicht weit von Bingen,

    wo früher Schiffer mit verdrehten Hälsen,

    von blonden Haaren schwärmend, untergingen.

    Wir wandeln uns. Die Schiffer inbegriffen.                

    Der Rhein ist reguliert und eingedämmt.

    Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffen,

    bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.

    Nichtsdestotrotz geschieht auch heutzutage

    Noch manches, was der Steinzeit ähnlich sieht.          

    So alt ist keine deutsche Heldensage,

    Daß sie nicht doch noch Helden nach sich zieht.

    Erst neulich machte auf der Loreley

    Hoch überm Rhein ein Turner einen Handstand!

    Von allen Dampfern tönte Angstgeschrei,                  

    als er kopfüber oben auf der Wand stand.

    Er stand, als ob er auf dem Barren stünde.

    Mit hohlem Kreuz. Und lustbetonten Zügen.

    Man frage nicht: Was hatte er für Gründe?

    Er war ein Held. Das dürfte wohl genügen.                  

    Er stand, verkehrt, im Abendsonnenscheine.

    Da trübte Wehmut seinen Turnerblick.

    Er dachte an die Loreley von Heine.

    Und stürzte ab. Und brach sich das Genick.

    Er starb als Held. Man muß ihn nicht beweinen.          

    Sein Handstand war vom Schicksal überstrahlt.

    Ein Augenblick mit zwei gehobnen Beinen

    Ist nicht zu teuer mit dem Tod bezahlt!

    P.S. Eins wäre allerdings noch nachzutragen:

    Der Turner hinterließ uns Frau und Kind.                    

    Hinwiederum, man soll sie nicht beklagen.

    Weil im Bezirk der Helden und der Sagen

    die Überlebenden nicht wichtig sind.

     

    Erich Kästner

     

    Parodie, Kästner folgt der Melodie des SA-Lieds „Die Fahne hoch! Die Reihen fest geschlossen!“

     

    Literatur: 

     

    Bildnachweis:

    • Bernhard Gottfried Manskirch (1736-1817), Volksfest auf dem zugefrorenen Rhein 1767, Mittelrhein-Museum Koblenz
    • Ein Lachs, Heinrich Lihl, Werkstatt um 1750, bez. „disen Lachs haben Ihro durchl. Herr Margraff von Baden-Baden in dem Mürgener laxfang gestochen..“, Dauerleihgabe der Sparkasse Rastatt-Durlach, Stadtarchiv Rastatt
    • Wilhelm Camphausen (1818-185), Blüchers Rheinübergang bei Kaub im Januar 1814, Mittelrhein-Museum Koblenz, Willy Horsch, Wikimedia Commons
    • Louis Bleuler, Blick auf die Loreley und auf den Lachsfang

     

    Links:

    Die Quellen des Rheins

    https://www.youtube.com/watch?v=YAjPc7UJodc

    Der unsichtbare Fluss unterhalb des Rheins, SWR

    https://www.youtube.com/watch?v=7n2bqd-t2E0

    Großbrand von Schweizerhalle

     https://de.wikipedia.org/wiki/Grossbrand_von_Schweizerhalle

    Wie lange braucht das Rheinwasser durch den Bodensee?

    Willi Weishaupt 

              © Baden-GEO-Touren

     

     

  • Johann Ludwig Bleuler - Zusammenfluss von Rhein und Ill

    Johann Ludwig Bleuler: Zusammenfluss von Rhein und Ill, von Nordosten (bei Meiningen, Vorarlberg; gegenüberliegende Rheinseite: Oberriet, Kanton St. Gallen); Aquatinta, koloriert
    via Wikipedia Commons

  • Murgmündung in den Rhein

    Murgmündung

    Murgmündung in den Rhein
  • Murgschlucht

    P1030795

    Murgschlucht
  • Murgschlucht

    Murgschlucht

    Murgschlucht
  • Örzte-Mündung in die Aller

    Axel Hindemith - Örzte-Mündung in die Aller
    via Wikipedia Commons
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