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Kraichgau

  • Der Kraichgau

    Der Kraichgau

     

    Heute fahren wir in den Kraichgau, einer der fruchtbarsten und ältesten Kulturräume Europas. Wir besuchen Bretten, den Geburtsort Philipp Melanchthons, fahren nach Maulbronn und besuchen das UNESCO-Weltkulturdenkmal Kloster Maulbronn

     

    Bretten liegt im fruchtbaren Hügelland des Kraichgaus. Der Name geht vermutlich auf das keltische „Creuch“, was „Schlamm oder Lehm“  bedeutet, zurück.

    Der Kraichgau ist eines der ältesten Kulturgebiete Europas.

    Hier lebte schon vor 500.000 Jahren ein Verwandter des heutigen Menschen, der Homo heidelbergensis. Während den letzten Eiszeiten wurde in dieser Senke eine gewaltige Menge Löss abgelagert und aufgrund dieses fruchtbaren Bodens und des sehr milden Klimas wird der Kraichgau heute als die badische Toskana bezeichnet.

    Die Flüsse des Kraichgaus waren die „Autobahnen“ des Altertums und verbanden den Odenwald mit dem Schwarzwald.

    Der Kraichgau war seit Urzeiten besiedelt. Funde aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit geben uns eine Vorstellung darüber, wie diese Menschen, neben ihrer Sorge nach Nahrung , der Malerei und der Musik zugeneigt waren, was so gar nicht dem Bild des „wilden Urmenschen“ entspricht.

    Die Römer, die sich schon immer da, wo es schön und obendrein strategisch sinnvoll war niederließen, haben auch hier ihre Spuren hinterlassen (Jupitergigantensäule in Steinsfurt).

    Die Alemannen siedelten hier, bis sie nach der Schlacht von Zülpich von den Franken gen Süden vertrieben wurden.

     Wie so viele Orte des Kraichgaus taucht auch Bretten („Bredaheim“) bereits im 8. Jahrhundert in den historischen Chroniken auf, fiel im 14. Jahrhundert an Kurpfalz, wurde 1689 von den Französen verwüstet und kam 1803 an Baden. [1]

    Der berühmteste Sohn von Bretten ist der Kirchenreformator Philipp Melanchthon.

    Wir bummeln durch die Altstadt , besichtigen das Gerberhaus, das älteste Gebäude der Stadt aus dem 16. Jahrhundert und erfahren, warum der Mops in Bretten einen eigenen Brunnen bekommen hat.

    Danach geht es weiter nach Maulbronn, wo wir das berühmte Zisterzienserkloster besuchen.

     

    [1] Brockhaus, Konversationslexikon, Jubiläumsausgabe, 1902

     

     Willi Andreas Weishaupt 2014

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Kloster Maulbronn

    Kloster Maulbronn

     

    Maulbronn EingangIm Nordwesten des Landes liegt zwischen waldigen Hügeln und kleinen stillen Seen das große Zisterzienserkloster Maulbronn.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Weitläufig, fest und wohl erhalten stehen die schönen alten Bauten und wären ein verlockender Wohnsitz, denn sie sind prächtig, von innen und außen, und sie sind in den Jahrhunderten mit ihrer ruhig schönen, grünen Umgebung edel und innig zusammengewachsen. 

    Wer das Kloster besuchen will, tritt durch ein malerisches, die hohe Mauer öffnendes Tor auf einen weiten und stillen Platz.

    Ein Brunnen läuft dort, und es stehen alte ernste Bäume da und zu beiden Seiten alte steinerne und feste Häuser und im Hintergrunde die Stirnseite der Hauptkirche mit einer spätromanischen Vorhalle, Paradies genannt, von einer graziösen, entzückenden Schönheit ohnegleichen.

    Auf dem mächtigen Dach der Kirche reitet ein nadelspitzes, humoristisches Türmchen, von dem man nicht begreift, wie es eine Glocke tragen soll.

    Der unversehrte Kreuzgang, selber ein schönes Werk, enthält als Kleinod eine köstliche Brunnenkapelle; das Herrenrefektorium mit kräftig edlem Kreuzgewölbe, weiter Oratorium, Parlatorium, Laienrefektorium, Abtwohnung und zwei Kirchen schließen sich massig aneinander. Malerische Mauern, Erker, Tore, Gärtchen, eine Mühle, Wohnhäuser umkränzen behaglich und heiter die wuchtigen alten Bauwerke. [1]

     

    So beschreibt Hermann Hesse in seiner Erzählung „Unterm Rad“ das Kloster Maulbronn.

    Er flüchtete 1892 nach einem Jahr. Nicht nur Hesse litt unter den strengen Regeln, die zu seiner Zeit bereits (seit der Säkularisation) gelockert waren.

    Johannes Kepler, Hölderlin und Kerner,  „badische Revolutionäre“ Hermann Kurz und Georg Herwegh, sie und viele andere waren in Maulbronn.

    Klosterschulen waren in der damaligen Zeit für mittellose, d.h. nicht adlige oder städtische reiche Kaufmannssöhne, die einzige Möglichkeit eine gute Ausbildung zu erhalten und die Klosterschule bot, mit der Aussicht eines späteren Theologiestudiums, diese Chance.

    Besuchen wir das Kloster heute, so scheint es uns dank Hesses Beschreibung vertraut, wenig hat sich in den letzten 100 Jahren verändert, auch im Gesamtbild in den Jahrhunderten seit der Gründung im 12. Jahrhundert, so dass diese am besten erhaltene Klosteranlage nördlich der Alpen uns heute zu einem Spaziergang durch die Architekturgeschichte von der Romanik bis zur Hochgotik einlädt.

    Wir betreten das Kloster durch den im 15. Jahrhundert errichteten und im 18. Jahrhundert stark veränderten Torturm.
    Rechts und links davon befinden sich Pförtner-, Wach- und Gewerbebauten (Wagnerei und Schmiede).

    Wir erreichen den vorderen Klosterhof. Linkerhand liegt die Mühle, die wir später besuchen wollen.

    Im Mittelalter verlief in Höhe des Gesindehauses und des Kameralamts (ein Vorläufer des heutigen Finanzamts) eine Wehrmauer.

    Dominiert wird das heutige Hofensemble durch den rechts gelegenen Fruchtkasten, dem größten Bau der Anlage und dem wichtigsten Speicher des Klosters.

    Auf dem gleichen Weg, den die mittelalterlichen Konversen (Laienbrüder) nahmen, erreichen wir die naheliegende Kirche und deren Vorhalle, die uns zum Paradies führt.

    Dies ist wohl einer der schönsten Räume, der uns aus der Frühgotik erhalten geblieben ist. Die Eingangstüren, aus Schwarzwälder Tannenholz, sind die ältesten Türen Deutschlands. Sie waren einst mit Tierhäuten bespannt und rot bemalt.

     

    Wir betreten die Kirche.

    Die dreischiffige Pfeilerbasilika wirkt beeindruckend lang, da sie zwei Kirchen, nämlich die Laien- und die Mönchs-Kirche beherbergt.

    Die ehemals flache Holzbalkendecke wurde schon im 14. Jahrhundert beim Anbau der angrenzenden Stifterkapellen durch ein gotisches Netzgewölbe ersetzt.

    Im Chor das berühmte Steinkruzifix, das Conrad von Sinzheim erschaffen hat.

    Im nördlich an die Kirche stoßende Kreuzgang und im (Herren-) Refektorium finden wir die Künste des burgundischen Baumeisters wieder.

    Refektorium des Klosters Maulbronn A

    [2]

    Im Ostflügel betreten wir den Kapitelsaal. Hier trafen sich die Mönche täglich zur Lesung der Ordensregeln. Durch den östlichen Ern (fränkisch für Flur) gelangen wir über den Nordflügel des Kreuzgangs zum Brunnenhaus mit dem berühmten dreischaligen Brunnen. Sein Wasser stammt aus Quellen, die uns zum Mühlenhaus zurückführen.

    maulbronn Paradies

    Die Zisterzienser waren Meister der Wasserwirtschaft.

    Sie legten in Maulbronn über mehrere Geländestufen einen Verbund von etwa zwanzig Seen und Teichen an.

    Zur Entwässerung des Feuchtgebietes schufen sie zunächst östlich des Klosters ein weit verzweigtes Grabensystem, mit dem sie das Oberflächenwasser im Graubrunnengebiet und Roten Hain der Salzach zuführten.

    Im Tiefen See stauten sie die Salzach durch einen hohen Damm zu einem Wasserreservoir und Fischgewässer auf. Durch ein Ablaufsystem konnte das Wasser im Tiefen See reguliert und der Wasserbedarf zum Antrieb der Mühle gesteuert werden. Den Wasserlauf der Salzach fassten die Zisterzienser innerhalb der Klostermauern als Kanal, der Abwässer und Abfälle aufnehmen konnte und das Kloster bis heute durchfließt. [3]

    Maulbronn war nicht nur ein Kloster, sondern eine autarke „Insel“ im Ozean der stürmischen Jahrhunderte.

    Das Kloster ist seit 1993 als UNESCO-Weltkulturdenkmal in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen und beherbergt heute drei Museen.


    [1] Hermann Hesse, Unterm Rad, suhrkamp, 1972, Drittes Kapitel
    [2] Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Jubiläums-Ausgabe, Leipzig, 1902
    [3] Kloster Maulbronn, Carla Mueller und Karin Stober, 2013 Deutscher Kunstverlag Berlin

     

    Willi Andreas Weishaupt 2014

     

  • Philipp Melanchthon

    Philipp Melanchthon

     

    richtiger Melanthon (gräzisiert aus Schwarzerd), geb. am 16. Februar 1497 in Bretten, war ein deutscher Theologe, Philosoph, Philologe und Humanist.

    Mit Luther war Melanchthon die wichtigste Person der deutschen Reformation.

    Als sein Vater, Waffenschmied des Pfalzgrafen 1507 starb, kam Philipp nach Pforzheim in das Haus seiner Großmutter, einer Schwester Reuchlins.
    1510 bezog er die Universität Heidelberg, wurde 1511 Baccalaureus („einer, der mit beerenreichem Lorbeer bekränzt ist“, heute Bachelor). Ein Jahr später wollte er seinen Magister erlangen, wurde aber nicht zur Prüfung zugelassen. (M. war 15 Jahre altund man traute ihm die notwendige Autorität als Lehrer nicht zu). Melanchthon ging nach Tübingen. Hier wurde er 1514 (also mit 17 Jahren) Magister, las über Aristotelische Philosophie, griechische und römische Klassiker und schrieb eine griechische Grammatik.

    Auf Reuchlins Empfehlung wurde er 1518 Professor der griechischen Sprache und Literatur in Wittenberg und entwickelte in seiner Antrittsrede „De corrigendis adolescentiae studiis“ (über die Reform des Jugendstudiums) sein humanistisches Programm. 

    Früh schloss sich Melanchthon Luther an. Mit ihm verband ihn eine Freundschaft, die trotz einiger Verstimmungen bis zu Luthers Tod andauerte.

    Bei der Leipziger Disputation 1519 war Melanchthon anwesend und trat offen für Luther ein.

    1521 publizierte er die erste Zusammenfassung der evangelischen Glaubenslehre (Loci communes).

    Seine 1527 verfasste Schrift zur Instruktion für die auf Befehl des Kurfürsten Johann des Beständigen vorgenommene Visitation der sächsischen Kirchen, war die erste evangelische Kirchen- und Schulordnung. 

    Die „Augsburger Konfession“ (von 1530, heute als Augsburger Bekenntnis bezeichnet) ist nur nach ihrer letzten Ausarbeitung, dagegen die „Apologie der Augsburgischen Konfession“ ganz sein Werk.

    Durch diese Arbeiten gewann Melanchthon in der protestantischen Welt ein so hohes Ansehen, dass Franz der I. von Frankreich und HeinrichPhilipp Melanchton Bder VIII. von England ihn zur Ordnung der kirchlichen Angelegenheiten einluden. Diesen Aufforderungen folgte er jedoch nicht, nahm aber an allen wichtigen Verhandlungen zwischen den deutschen Protestanten oder mit den Schweizern oder den Katholiken teil. Überall war er der verständnisvolle Vermittler.

    Nach Luthers Tod trat Melanchthon als Gelehrter weithin berühmt und als „Praeceptor Germaniae“ (Lehrer Deutschlands) gepriesen, das schwere Erbe an. Er war nun die höchste Autorität unter den evangelischen Theologen.

    Philipp wurde wegen seiner milden, vermittelnden, der Calvinist. Abendmahlslehre geneigten Richtung von den strengen Lutheranern heftig angefeindet. 

    Philipp Melanchthon starb in Wittenberg.

    In der dortigen Schlosskirche finden wir sein Grab, auf dem geschrieben steht:

    „Hier ruht des höchst verehrungswürdigen Philipp Melanchthons Leib, der im Jahre 1560 den 19. April in dieser Stadt gestorben ist, nachdem er gelebt hat 63 Jahre 2 Monate und 2 Tage.“

    Die Einheit der Kirche war sein letzter Wunsch, die Streitsucht der Theologen (rabies theologorum) seine letzte Klage.

    Ein Haus für Melanchthon wurde 1901 in Bretten vollendet und 1903 eingeweiht.

    Heute befindet sich dort ein reformationsgeschichtliches Museum, eine Bibliothek und die Europäische Melanchthon-Akademie Bretten.

     

    Bretten Melanchtonhaus

     

     

    Bretten Melanchtonhaus M

     


    Quellen:
    Brockhaus, Konversationslexikon, Jubiläumsausgabe, 1902
    Brockhaus, Kleines Conversations-Lexikon, Leibzig, 1888
    Georg Urban, Philipp Melanchthon - Sein Leben, Melanchthonverein Bretten
    Willi Andreas Weishaupt 2014
    © Baden-GEO-Touren
     
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