Baden Geotouren                                                                   

Pforzheim

  • Geschichte von Pforzheim

    Geschichte von Pforzheim
    Stadt des Geistes (Humanismus), des Handels und des Goldes

    Wir sind in einem Ballon unterwegs und befinden uns am Rand des nord-westlichen Schwarzwaldes. Wir fahren weiter nach Norden, in die Kraichgausenke.

    Unten auf der Erde fliessen drei Flüsse (Enz, Nagold und Würm) ihrem Mündungsziel in Pforzheim entgegen.

    Pforzheim ENW

    Wir landenan der Enz, bei der heutigen Altstädter Brücke.

    Hier verlief die Römerstraße von Ettlingen nach Cannstatt und hier, an der Furt entstand der Ort.

    In der Nähe (Friolsheim) wurde ein römischer Leugenstein mit der Aufschrift „A PORT L V“ (Von Portus 5 Leugen) gefunden, Portus hieß die Siedlung bei den Römern.

    Erst im 11. Jahrhundert taucht „Fortzheim“ in einer Urkunde (Heinrich IV.) wieder auf.

    Anfang des 13. Jahrhunderts übernahmen die Badischen Markgrafen (Hermann V.) die beiden Städte, die an der Enzfurt und die „Neue Stadt“ am Schloßberg. 

    Pforzheim war vom 13. bis zum 16. Jahrhundert mit ihren ca. 3.000 Einwohnern die größte Stadt der Markgrafschaft.

    Berühmt und geschätzt wurde die dortige Lateinschule.

    Johann Reuchlin, in Phorce (so seine Schreibweise) geboren und Philipp Melanchthon (aus Bretten) waren die zwei bekanntesten Schüler.

    Im Jahr 1502 gründete Thomas Anshelm aus Baden-Baden hier eine Buchdruckerei.

    Er druckte fast alle Werke Reuchlins.

    So kam der Humanismus von Pforzheim über die Nagold und den Neckar zum Rhein und damit in die weite Welt.

    Ein Stich von Merian (1643) zeigt uns die Stadt.


    Pforzheim nach MERIAN 600

    Die Stadtanlage zieht sich vom markgräflichen Schloss bis hin zur Enz und zur Nagold.

    Zu dieser Zeit lebten die ca. 3.500 Einwohner vom Handel, der Flößerei, von der Landwirtschaft und vom Fischfang, von der Produktion (Textilien).

    Pforzheim beherbergte drei Klöster und  zwei Spitäler.

    Jahre später gab es diese Stadt nicht mehr.

    Bayrische Truppen legten bei ihrem Abzug 1645 Feuer an.

    Im pfälzischen Erbfolgekrieg brannten die Franzosen Pforzheim dreimal nieder, 1692 bis auf die Grundmauern.

    Ein paar Hundert Menschen blieben.

    Hugenottische Religionsflüchtlinge bauten gemeinsam mit den Einwohnern die Stadt wieder auf.

    Als Markgraf Karl Friedrich 1767 dem wendigen und windigen Franzosen Jean François Autran das Privileg gab, im Waisenhaus (dem ehemaligen Dominikanerinnenkloster) eine Uhren- und Bijouterie-Fabrik zu gründen, begann Pforzheims Aufstieg zum „Klein-Genf“, wenn auch anfangs etwas holperig.

    Autran lockten die billigen Arbeitskosten im Waisenhaus (ca. 200 Kinder), sowie die Kapitalbeteiligung des Markgrafen.

    Doch die Schweizer beherrschten den Markt und die Pforzheimer-Uhrenindustrie schwächelte.

    Nicht so die Schmuckproduktion.

    Sie verlor durch den notwendigen Verkauf (Autran war pleite) zwar ihre Privilegien (und der Markgraf viel Geld) aber es entstanden, durch die von Karl Friedrich eingeführte Gewerbefreiheit, zahlreiche neue kleine und flexible Gewerbebetriebe, die - da oft unter der Leitung der ehemals Privilegierten - „Kabinette“ genannt wurden.

    Das Kabinett war die Kommandozentrale und das Schatzhaus der Schmuckproduktion zugleich. Vom Kabinett aus steuerte und koordinierte der "Kapo", der Kabinettmeister, die Produktion. Er verwaltete und verwahrte auch die verwendeten kostbaren Materialien

    1838 gab es 54 Kabinette in Pforzheim.

    Eine Eisenbahnstrecke und eine neue Straße wurden gebaut.

    1873 überzeugte der „Franzosen-Weber“ einige Pforzheimer Schmuckfabrikanten von den Vorteilen der Doubléfabrikation.****

    Erfindungsreichtum, Wagemut sorgten dafür, dass Pforzheimer Doubléerzeugnisse zum Welt-Standard wurden.

    Zwei Drittel der Pforzheimer Produktion ging in den Export.

    Die Wertsendungen der Post kamen vom Wert her gleich hinter Berlin.

    Pforzheim war reich.

    Dann kam der Krieg wieder in die Stadt.

    Und zu Ende des zweiten versank unser Ort erneut in Schutt und Asche.

    Am 23. Februar 1945 vernichteten in nur 20 Minuten britische Bomber die gesamte Innenstadt und 17.000 Menschen starben.

    Pforzheim hatte die höchsten Verluste aller deutschen Städte, bedingt durch alliierte Bombenangriffe, im zweiten Weltkrieg zu tragen.*****

    Heute ist Pforzheim eine Stadt mit ca. 120.000 Einwohnern und für uns ein Tor zu Exkursionen ins Rheintal, zum Kraichgau, zum Neckar und zum Schwarzwald.

     

    (1)

    Leugensteine gaben die Entfernung bis zum nächsten Ort in gallischen Leugen (2,2 km) an.

    (2)

    Doublé, der „französische Billigschmuck“, wurde bereits im 18. Jahrhundert in Paris und Birmingham produziert. Eine dünne Lage Gold wurde auf ein anderes Metall (Kupfer, Eisen) aufgehämmert, später aufgelötet, dann geschweißt und gehämmert. Schmuck für jedermann.

    Double R

     

    Tafel, Technisches Museum der Pforzheimer Schmuck- und Uhrenindustrie

     

     

    Literatur :

    Reinhard Mürle, Baden-Württemberg, Pforzheim, 1/85, G.Braun Karlsruhe

    Hans Leopold Zollner, Baden-Württemberg, Pforzheim, 1/85, G.Braun Karlsruhe

    Chris Gerbing, Die Geschichte der Goldschmiedeschule mit Uhrmacherschule (Festschrift zum 250 jährigen Bestehen 2018)

    Bildnachweis : Wikipedia Commons, Willi Weishaupt 

     

    Museen: Reuchlinhaus, Stadtmuseum, Städtische Galerie, Schmuckmuseum Kirchen: Schloss- und Stiftskirche St. Michael

Go to top