Das Floß der armen Leute - Gefährliche Rheinfahrt 1791

 

Obertsrot 1858 ADie Flößerei ist ein sehr altes Gewerbe. Über die frühen Zeiten besitzen wir kaum ins einzelne gehende Zeugnisse.

Wir wissen aber, daß schon im Mittelalter das Holz aus den großen Waldgebieten in den Rhein und den Strom hinab geflößt wurde. So kam das Schwarzwaldholz zum Beispiel die Kinzig oder die Murg herab in den Oberrhein oder mit Nagold und Enz in den Neckar. Main, Saar und Mosel, auch Lippe und Ruhr trugen Holz aus ihren Wäldern dem Rhein zu, der er (sic) bis zu seiner Mündung mitnahm.

 

 

 

 

An den Methoden der Flößerei hat sich von alters her bis zum Beginn unseres Jahrhunderts wenig geändert.

Dieselben Männer, die im Winter die Bäume auf den Höhen des Schwarzwaldes fällte, brachten sie auf Bächen und Flüssen zu Tal. Zunächst wurden sie mit Pferden oder Ochsen zum „Polterplatz“ geschleift, der neben der „Einbindestelle“ am Bach lag. Sie wurde auch „Wasserstube“ genannt; man muß sie sich wie eine kleine Talsperre vorstellen. In ihr wurden 8-12 gleichlange Stämme zu „Gestören“ eingebunden, das heißt mit Wieden (über feuer gedrillte Fichtenstämmchen) zusammengebunden. Ein solches Gestör war an die 20 Meter lang und 2-3 Meter breit.


Wenn nun die Stube sich mit Wasser füllte, wurden die Gestöre, die zunächst nebeneinander lagerten, der Länge nach aufgereiht und hintereinandergebunden. Je 15-20 Gestöre bildeten ein Langfloß, das 300-500 Meter lang war und bis zu 300 Festmeter Holz enthielt.

Solch ein Riesenwurm sollte nun auf dem kleinen Bach, den man zu Fuß überschreiten konnte, zu Tal geflößt werden?

Es klingt unglaublich, aber es war so. Das gestaute Wasser ließ für kurze Zeit das Bächlein zum reißenden Fluß werden.

Zunächst wurde ein Schwall „Vorwasser“ abgelassen, dem soviel Vorsprung gegeben wurde, daß das schneller eilende Floß es nicht einholen konnte. Dann wurde das Floß losgebunden und schoss davon. Mit erstaunlicher Schnelligkeit raste der Lindwurm dahin, durch Wälder und Schluchten, über Felsen und Wehre, bis ihn der ruhigere Lauf der Flüsse aufnahm.

Das war ein anderes Flößen als später auf dem Rhein! Von 5 oder 6 Flößern geleitet, wand sich das Langholzfloß durch die Biegungen des Bachlaufs. An Steuern war da nicht zu denken. Nur die Sperrbalken, 2 oder 3 in jedem Floß, boten die Möglichkeit einzugreifen. Der wichtigste war hinten im letzten Gestör eingelassen. Blieb nun das Floß an irgendeinem Hindernis hängen, mußte sofort hinten gesperrt werden, damit die Gestöre keinen Knick, keinen „Ellenbogen“ bildeten, „Jockele, sperr!“ erscholl dann der Ruf, der lange zeit auf dem oberen Neckar und seinen Nebenflüssen zu hören war.

Häufig mußte, um das Floß wieder flottzumachen, ein neuer Schwall Wasser aus den Stuben oder den eigens dazu angelegten „Schwellweihern“ losgeschickt werden. Das Flößen war eine oft lebensgefährliche Arbeit, die Erfahrung, Kraft und Geschicklichkeit erforderte. Dementsprechend waren auch Lohn und Verdienst des Flößers und sein Selbstbewußtsein.

Aber da waren noch andere Hemmnisse.

Überall gab es Aufenthalte und Kosten. Zwar waren hier und da bereits Floßgassen vorhanden, um Mühlenwehre oder Staustufen zu überwinden.

Oft genug aber mußten Entschädigungen an Mühlen und andere Einrichtungen gezahlt oder in Naturalabgaben entrichtet werde, weil das Floß den Betrieb behinderte. Vor allem aber gab es Zölle. Der Südwesten Deutschlands war ein Schaubild der Kleinstaaterei. Allein von Neuenbürg im nördlichen Schwarzwald bis nach Mannheim waren 14 Zollstationen zu passieren!

In Mannheim wurden dann die schmalen Langholzflöße – soweit das Holz nicht schon dort verkauft oder versteigert wurde – zu breiteren und mehrschichtigen Rheinflößen zusammengestellt. Meist waren es bereits die großen „Steifstücke“, aus denen dann in Mainz-Kastel, Koblenz-Neuendorf oder in Namedy unterhalb von Andernach die Holländerflöße entstanden.

Mit ihren Anhängen und Kniestücken, mit drei Lagen Holz übereinander bildeten diese die gewaltige Menge von 500 000 Kubikfuß (etwa 15 000 cbm) Holz. Hinzu kam noch die Oblast an Schnittholz und Brettern, oft auch andere Waren, etwa Sandsteinplatte vom Main oder Mühlsteine aus Andernach.

Ein solches Kapitalfloß stellte also einen beträchtlichen Wert dar, seine wochenlange Fahrt auf dem damals noch nicht regulierten Strom mit seinen Untiefen, Sandbänken, Strudeln und Felsenriffen bedeutete ein großes Risiko. Auch kam es vor, daß geringer Wasserstand, wandernde Bänke, Wracks oder Unwetter zu Unterbrechungen führten, die bisweilen Monate dauerten. Doch der große Holzbedarf in den waldarmen Niederlanden und in England, vor allem an Eichenholz für den Schiffs- und Hausbau, rechtfertigte den hohen Einsatz.



Aus: Günter Sachse, Das Floß der armen Leute - Gefährliche Rheinfahrt 1791, C.Bertesmann, 1992

 

Die Flößerei
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Das Floß, vom Alt- und Mittel Hochdeutschen vloz, von Fluss bzw. fließen, ist uralt.  

Im Alten Testament der Bibel wird über ein Floß aus Zedern und Tannen berichtet, das von Tyros nach Jerusalem gesteuert wurde, zu König Salomo, bestimmt zum Bau des ersten jüdischen Tempels in Jerusalem.
Schwimmendes Holz kann zu einer kleinen Arche Noah werden.

Ins Wasser gefallene Bäume, bieten Schutzräume für vielerlei Lebewesen.

Unter frei im Meer treibenden Bäumen, sammeln sich Fische, Garnelen und Plankton.

Zusammen mit Amphibien und kleinen Säugetieren an Bord, treiben diese kleinen Inseln durch die Flüsse und Meere, manchmal tausende von Kilometern weit.
Für die Menschen war Holz ein Brennstoff, aber auch ein Baumaterial.
In Deutschland stammen die ältesten Dokumente über die Flößerei aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Sicherlich ist die Flößerei aber viel älter.

Über die Isarflößerei berichtet ein Dokument von 1174 (Abgaben der Mittenwalder Flößer an das Kloster Schäftlarn).

1258 erwähnt ein Dokument die Flößerei auf der Saale.

 

Historisches Lexikon Bayerns

 

Bildergalerie
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 Flösserei

Murg, Museum Freudenstadt

 

Flösserei II

Murg, Museum Freudenstadt

 

Flößerei Füssen

Lech, Museum Füssen

 

Flößer aus dem Lechtale

Flößer aus dem Lechtal, Museum Füssen

  Lechflößerei

Lechflößerei, Museum Füssen
 
 

Floß Lech MF

Modell eines Baumfloßes, Museum Füssen