Baden Geotouren
Lieber Herr UN-Hochkommissar,
dies ist meine letzte offizielle Mitteilung als Direktor des New Yorker Büros des UN-Menschenrechtskommissars an Sie.
Ich schreibe dies in einem Augenblick großer Pein für die Welt, darunter auch für viele unserer Kollegen. Wieder einmal sehen wir, wie sich vor unseren Augen ein Völkermord vollzieht, und die Organisation, der wir dienen, scheint machtlos, ihn aufzuhalten. Für mich als jemand, der sich seit den 1980er Jahren intensiv mit den Menschenrechten in Palästina befasst hat, der in den 1990er Jahren als Menschenrechtsberater in Gaza gelebt hat und der davor und danach mehrmals im Dienste der Menschenrechte in diesem Land war, hat das eine tiefe persönliche Bedeutung.
Ich habe in diesen Räumen der Vereinten Nationen auch während der Völkermorde an den Tutsi, an bosnischen Muslimen, an den Jesiden und an den Rohingya gearbeitet. In jedem dieser Fälle wurde es, nachdem sich der Staub auf die, gegen die wehrlose Zivilbevölkerung gerichteten, Schrecken gelegt hatte, schmerzlich deutlich, dass wir in unserer Pflicht versagt hatten – unserer Pflicht, massenhaft begangene Gräueltaten zu verhindern, die Schwachen zu schützen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Genauso verhielt es sich mit den sukzessiven Wellen von Mord und Verfolgung von Palästinensern während der gesamten Zeit des Bestehens der Vereinten Nationen.
Herr Hochkommissar, wir versagen soeben erneut.
Als Menschenrechtsanwalt mit mehr als drei Jahrzehnten Erfahrung auf diesem Gebiet ist mir geläufig, dass das Konzept des Genozids oft politisch missbraucht wurde. Doch das Blutbad, das aktuell an den Palästinensern verübt wird, welches in einer ethno-nationalistischen, kolonialen Siedlermentalität wurzelt und die Fortsetzung ihrer jahrzehntelangen systematischen Vertreibung und ethnischen Säuberung darstellt, die allein auf ihrem Status als Araber beruht und die mit expliziten Absichtserklärungen führender Mitglieder der israelischen Regierung und des israelischen Militärs einhergeht, lässt keinen Spielraum für Zweifel oder Diskussionen. In Gaza werden Wohnhäuser, Schulen, Kirchen, Moscheen und medizinische Einrichtungen mutwillig angegriffen und tausende Zivilisten massakriert. In der Westbank inklusive dem besetzten Jerusalem werden Häuser beschlagnahmt und neu zugewiesen, rein nach rassistischen Kriterien, und brutale Pogrome durch Siedler werden von israelischen Militäreinheiten begleitet. Im ganzen Land herrscht Apartheid.
Dies hier ist ein Paradebeispiel für Völkermord. Die letzte Phase des europäischen, ethno-nationalistischen Siedler-Kolonialprojekts in Palästina hat begonnen, es geht um die Auslöschung der verbliebenen Überreste ursprünglichen palästinensischen Lebens in Palästina. Dazu kommt, dass die Regierungen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und eines Großteils von Europa an diesem abscheulichen Angriff mitwirken. Diese Regierungen halten nicht nur nicht ihre vertraglichen Verpflichtungen zur „Einhaltung“ der Genfer Konventionen ein. Sie steuern für den Angriff auch noch aktiv Waffen bei, stellen wirtschaftliche und geheimdienstliche Unterstützung bereit und gewähren politische und diplomatische Deckung für Israels Gräueltaten.
Im Einklang damit stehen die westlichen Konzernmedien, zunehmend vereinnahmt und staatsnah, im offenen Widerspruch zu Artikel 20 des UN-Zivilpakts, indem sie die Palästinenser fortwährend entmenschlichen und damit den Völkermord ermöglichen und Kriegspropaganda verbreiten sowie nationalen, rassistischen oder religiösen Hass verbreiten, welcher Diskriminierung, Feindseligkeit und Gewalt befeuert. In den USA angesiedelte Social Media unterdrücken die Stimmen von Menschenrechts-Verteidigern und verstärken zugleich pro-israelische Propaganda. Internet-Trolle und GONGOS (Government-operated non-governmental organization) belästigen und verleumden Menschenrechts-Verteidiger, und westliche Universitäten und Arbeitgeber arbeiten mit ihnen zusammen, um jene zu strafen, die es wagen, sich gegen die Gräuel auszusprechen. Nach diesem Völkermord müssen auch diese Akteure zur Verantwortung gezogen werden, wie einst die Macher des hassverbreitenden Senders Radio-Télévision Libre des Mille Collines in Ruanda.
Unter diesen Umständen müssen wir als Organisation mehr denn je prinzipientreu und effektiv handeln. Doch wir haben diese Herausforderung nicht angenommen. Die Schutzmacht Sicherheitsrat wurde erneut durch die Unnachgiebigkeit der USA blockiert; der UN-Generalsekretär gerät wegen sanftester Kritik unter Beschuss,und unsere Menschenrechts-Mechanismen werden fortwährend auf rufschädigende Weise von einem organisierten virtuellen Netzwerk, das sich für Straflosigkeit einsetzt, angegriffen.
Jahrzehntelang haben die illusionären und großenteils unehrlichen Versprechungen von Oslo die Organisation von ihrer wichtigsten Pflicht abgehalten, das Völkerrecht, die internationalen Menschenrechte und die UN-Charta zu verteidigen. Das Mantra von der „Zweistaatenlösung“ ist auf den Korridoren der Vereinten Nationen zum offenen Witz geworden, und zwar sowohl wegen ihrer faktischen Nichtrealisierbarkeit als auch, weil sie für die unveräußerlichen Menschenrechte der Palästinenser überhaupt nicht einsteht. Das sogenannte Nahost-Quartett ist zum Feigenblatt für Nichtstun und für unterwürfiges Abfinden mit einem brutalen Status quo verkommen. Die Rücksicht auf „Vereinbarungen zwischen den betroffenen Parteien selbst“ – anstatt der Einhaltung des Völkerrechts – war immer ein durchsichtiger Trick, der zum Ziel hatte, die Macht Israels über die Rechte der besetzten und enteigneten Palästinenser zu stärken.
Herr Hochkommissar, ich bin dieser Organisation in den 1980er Jahren beigetreten, weil ich darin eine prinzipientreue, auf Normen beruhende Institution sah, die ohne Wenn und Aber auf der Seite der Menschenrechte stand, selbst in Fällen, in denen die mächtigen USA, Großbritannien und Europa nicht auf unserer Seite waren. Während meine eigene Regierung, ihre untergeordneten Institutionen und ein Großteil der US-Medien noch immer die Apartheid Südafrikas, die israelische Unterdrückung und zentralamerikanische Todesschwadronen unterstützten oder rechtfertigten, standen die Vereinten Nationen auf für die unterdrückten Völker dieser Länder. Wir hatten das Völkerrecht auf unserer Seite. Wir hattendie Menschenrechte auf unserer Seite. Wir hatten Grundsätze. Unsere Autorität wurzelte in unserer Integrität. Aber das ist vorbei.
In den vergangenen Jahrzehnten haben maßgebliche Teile der Vereinten Nationen vor der Macht der USA und aus Furcht vor der Israel-Lobby kapituliert, haben diese Grundsätze verraten und das Völkerrecht preisgegeben. Dies hatte einen hohen Preis, nicht zuletzt haben wir unsere globale Glaubwürdigkeit verloren. Doch das palästinensische Volk hatte die größten Verluste aufgrund unseres Scheiterns zu ertragen. Es ist von atemberaubender historischer Ironie, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im selben Jahr verabschiedet wurde, in dem die Nakba gegen das palästinensische Volk verübt wurde. Bei der 75-Jahr-Feier der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) täten wir gut daran, das alte Klischee fallenzulassen, dass die Verabschiedung der AEMR auf die Gräuel zurückgeht, die in den Jahren davor verübt worden waren, und zuzugeben, dass die AEMR parallel zu einem der schrecklichsten Genozide des 20. Jahrhunderts das Licht der Welt erblickten: der Zerstörung Palästinas. Gewissermaßen versprachen die Verfasser allen Menschen Menschenrechte, außer dem palästinensischen Volk. Und erinnern wir uns auch daran, dass die UNO-Organisation selbst die Ursünde in sich birgt, die Enteignung der Palästinenser mit ermöglicht zu haben. Sie haben das europäische koloniale Siedlerprojekt ratifiziert, das palästinensisches Land genommen und den Kolonialisten gegeben hat. Wir haben viel zu büßen.
Doch der Weg zur Sühne liegt klar vor uns. Wir können viel lernen von der Grundhaltung, die in den vergangenen Tagen in Städten weltweit zu sehen ist, in denen Menschen massenhaft gegen Völkermord aufstehen, selbst wenn ihnen Schläge und Festnahme drohen. Palästinenser und ihre Verbündeten, Menschenrechtsverfechter jeder Couleur, christliche und muslimische Organisationen und progressive jüdische Stimmen, die sagen:
„Nicht in unserem Namen“, weisen uns den Weg. Wir müssen ihnen nur folgen.
Gestern, nur wenige Straßen weiter, haben tausende jüdische Menschenrechtsaktivisten die New Yorker Central Station besetzt. Sie stellten sich auf die Seite des palästinensischen Volkes und forderten ein Ende der israelischen Tyrannei, viele riskierten, festgenommen zu werden. Auf diese Weise haben sie die israelische Hasbara-Propaganda, einen alten antisemitischen Topos, enttarnt, dass Israel irgendwie das jüdische Volk repräsentiere. Das tut es nicht. Und deshalb ist allein Israel für seine Verbrechen verantwortlich. Man darf an dieser Stelle einmal wiederholen, auch wenn die Israel-Lobby das Gegenteil behauptet:
Kritik an Israels Menschenrechtsverletzungen ist genauso wenig antisemitisch, wie die Kritik an saudischen Menschenrechtsverletzungen islamophob, die Kritik an Myanmars Menschenrechtsverletzungen anti-buddhistisch oder die Kritik an indischen Menschenrechtsverletzungen anti-Hindu sind. Wenn sie versuchen, uns mit Verleumdungen mundtot zu machen, müssen wir unsere Stimme erheben, nicht leiser werden. Ich vertraue darauf, dass Sie, Hochkommissar, zustimmen, dass genau das gemeint ist mit: den Mächtigen die Wahrheit sagen.
Doch ich finde auch Hoffnung in jenen Teilen der UN, die sich weigerten, die Menschenrechts-Prinzipien der Organisation infrage zu stellen, obwohl riesiger Druck auf sie ausgeübt wurde. Unsere unabhängigen Sonderberichterstatter, Untersuchungskommissionen und Experten der UN-Vertragsorgane stehen – Seite an Seite mit einem Großteil unserer Mitarbeiter – weiterhin für die Menschenrechte der Palästinenser auf, selbst wenn andere Teile der UN – sogar auf den höchsten Ebenen – schändlicherweise vor der Macht eingeknickt sind. Als Wächter der Menschenrechtsnormen und -standards hat das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) eine besondere Verpflichtung, diese Standards zu verteidigen. Ich halte es für unsere Aufgabe, unserer Stimme Gehör zu verschaffen – vom UN-Generalsekretär hinunter zum neu eingestellten UN-Mitarbeiter und quer durch das ganze UN-System – und darauf zu bestehen, dass die Menschenrechte des palästinensischen Volkes nicht zur Diskussion stehen, nicht verhandelbar sind und es darüber keinerlei Kompromisse unter der blauen Flagge gibt.
Wie also sähe eine auf UN-Normen basierende Position aus? Wofür würden wir uns einsetzen, nähmen wir unsere rhetorischen Verweise auf die Menschenrechte, die Gleichheit aller Menschen, die Haftung von Tätern, die Entschädigung von Opfern, den Schutz der Schwachen und die Ermächtigung von Rechteinhabern ernst, die alle der Herrschaft des Gesetzes unterworfen sind? Ich denke, die Antwort ist einfach – wenn wir hinter den Propagandanebel blicken, der die Vision der Gerechtigkeit verschleiert, der wir alle verpflichtet sind, sind es der Mut, die Furcht und Unterwürfigkeit vor mächtigen Staaten abzuschütteln, und der Wille, das Banner der Menschenrechte und des Friedens aufzunehmen. Das ist natürlich ein langfristiges Projekt und eine gehörige Kraftanstrengung. Doch wir müssen jetzt damit beginnen oder uns unaussprechlichem Horror ergeben. Ich sehe zehn wichtige Punkte.
Legitimes Handeln: Erstens müssen wir in der UNO das gescheiterte und größtenteils unaufrichtige Oslo-Paradigma, seine illusorische Zweistaatenlösung, sein ohnmächtiges und mitschuldiges Nahost-Quartett und seine Unterwerfung des Völkerrechts unter das Diktat vermeintlicher Zweckmäßigkeit aufgeben. Unsere Positionen müssen kompromisslos auf den internationalen Menschenrechten und dem Völkerrecht basieren.
Klarheit der Vision: Wir müssen mit dem Vorwand aufhören, dass es sich lediglich um einen Konflikt um Land oder Religion zwischen zwei Kriegsparteien handelt, und die Realität der Situation anerkennen, dass nämlich ein unverhältnismäßig mächtiger Staat eine indigene Bevölkerung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit kolonisiert, verfolgt und enteignet.
Ein Staat auf der Grundlage der Menschenrechte: Wir müssen die Errichtung eines einzigen demokratischen, säkularen Staates im gesamten historischen Palästina mit gleichen Rechten für Christen, Muslime und Juden und damit den Abbau des zutiefst rassistischen Siedlerstaats und Kolonialprojekts unterstützen und der Apartheid im ganzen Land ein Ende setzen.
Bekämpfung von Apartheid
Wir müssen wieder alle Anstrengungen und Mittel der UNO auf den Kampf gegen Apartheid richten, so wie wir es in den 1970er, 1980er und den frühen 1990ern getan haben.
Rückkehr und Entschädigung
Wir müssen das Recht auf Rückkehr und volle Entschädigung für alle Palästinenser und ihre Familien, die derzeit in den besetzten Gebieten, im Libanon, Jordanien, Syrien und in der Diaspora auf der ganzen Welt leben, bekräftigen und darauf bestehen.
Wahrheit und Gerechtigkeit
Wir müssen einen Prozess der Übergangsjustiz fordern, die sich auf die jahrzehntelang gesammelten Untersuchungen, Ermittlungen und Berichte stützt, um die Wahrheit zu dokumentieren und die Rechenschaftspflicht aller Täter, die Wiedergutmachung für alle Opfer und die Entschädigung für dokumentierte Ungerechtigkeit sicherzustellen.
Schutz
Wir müssen auf den Einsatz einer gut ausgestatteten und mit einem starken, dauerhaften Mandat versehenen UN-Schutztruppe zum Schutz der Zivilbevölkerung zwischen dem Fluss Jordan und dem Mittelmeer drängen.
Abrüstung
Wir müssen für die Beseitigung und Zerstörung von Israels riesigen Beständen an atomaren, chemischen und biologischen Waffen einstehen, damit der Konflikt nicht zur Auslöschung der Region und möglicherweise noch darüber hinaus führt.
Vermittlung
Wir müssen anerkennen, dass die USA und andere westliche Mächte keine glaubwürdigen Vermittler, sondern vielmehr selbst Konfliktparteien sind, die zusammen mit Israel eine Mitschuld an der Verletzung der Rechte der Palästinenser tragen, und wir müssen entsprechend mit ihnen umgehen.
Solidarität
Wir müssen unsere Türen und die Türen des UN-Generalsekretariats weit öffnen für die Scharen an palästinensischen, israelischen, jüdischen, muslimischen und christlichen Verteidigern der Menschenrechte, die sich solidarisch an die Seite des palästinensischen Volkes und ihrer Menschenrechte stellen. Und wir müssen den ungebremsten Strom an Israel-Lobbyisten zu den Türen leitender UNO-Mitarbeiter aufhalten, bei denen sie sich für eine Fortsetzung des Krieges, für Verfolgung, Apartheid und Straffreiheit einsetzen und unsere Menschenrechtsschützer wegen ihrer prinzipientreuen Verteidigung palästinensischer Rechte verleumden.
Dies zu erreichen, wird Jahre in Anspruch nehmen, und westliche Mächte werden uns auf jedem Schritt dieses Weges bekämpfen. Wir müssen also beharrlich sein. Kurzfristig müssen wir uns für einen sofortigen Waffenstillstand einsetzen und die langjährige Belagerung von Gaza beenden. Wir müssen gegen die ethnische Säuberung von Gaza, Jerusalem und der Westbank und anderswo aufstehen, müssen den völkermörderischen Angriff in Gaza dokumentieren, müssen dabei mitwirken, den Palästinensern umfassende humanitäre Hilfe und Hilfe beim Wiederaufbau zukommen zu lassen. Wir müssen uns um unsere traumatisierten Kollegen und ihre Familien kümmern und müssen alles Menschenmöglichetun, um zu einer prinzipienfesten Haltung in den politischen UNO-Büros zu gelangen.
Das bisherige Versagen der UNO in Palästina ist kein Grund zum Rückzug für uns. Es sollte uns vielmehr den Mut geben, das gescheiterte Paradigma der Vergangenheit hinter uns zu lassen und einen prinzipienfesteren Kurs einzuschlagen. Lasst uns als Büro des Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) mutig und aufrecht der Anti-Apartheidsbewegung anschließen, die weltwelt wächst, und unser Logo auf das Banner der Gleichberechtigung des palästinensischen Volkes hinzufügen. Die Welt schaut zu. Wir alle werden dafür verantwortlich sein, wo wir in diesem entscheidenden Augenblick der Geschichte standen.
Lasst uns auf der Seite der Gerechtigkeit stehen.
Ich danke Ihnen dafür, Herr Hochkommissar, Volker, diesen meinen letzten Aufruf von meinem Schreibtisch angehört zu haben. Ich verlasse das Büro in wenigen Tagen zum letzten Mal, nach über drei Jahrzehnten im Dienst.
Doch zögern Sie bitte nicht, sich bei mir zu melden, wenn ich künftig von Nutzen sein kann.
Hochachtungsvoll,
Craig Mokhiber
Kündigungsschreiben des Direktors des New Yorker Büros des UN-Menschenrechtskommissars Craig Mokhiber vom 28.10.2023.
Übersetzt von Nachdenkseiten.de
Kalenderblatt 21. November 1878
Am 21.November 1878 marschierten die Briten mit über 30.000 Soldaten in Afghanistan ein.
Die Afghanen konnten dieser Militärpräsenz nur wenig entgegensetzen.
Afghanistans Emir Mohammed Yakub, Nachfolger von Shir Ali musste im Mai 1879 die Kontrolle über die Presse und die Hohheit über die Außenpolitik an die Briten abgeben.
Mit der Durand-Linie gelang es Großbritannien 1893, seine kolonialen Besitzungen in Indien gegen Afghanistan abzugrenzen. Die Linie wurde nach dem damaligen Außenminister der indischen Verwaltung, Sir Henry Mortimer Durand, benannt und unter britischem Druck im Einvernehmen beider Seiten für 100 Jahre von 1893 bis 1993 beschlossen. Die Demarkationslinie wurde bewusst durch die Siedlungsgebiete der Paschtunen gelegt, um aus Afghanistan eine Pufferzone zu machen und so das Volk der Afghanen besser kontrollieren zu können. Etwa ein Drittel Afghanistans wurde von den Briten annektiert. Diese Stammesgebiete liegen heute in Pakistan.
Die Prinzipien der Kriegspropaganda
http://www.vlib.us/wwi/resources/archives/texts/t050824i/ponsonby.html
Luftbilder des Landesarchivs Baden-Württemberg
Kalenderblatt 26. Mai 1938
Am 26. Mai 1938 legte Adolf Hitler
in der Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben,
den Grundstein für das Volkswagenwerk Wolfsburg.
Bundesarchiv_Bild_183-H06734, Grundsteinlegung des Volkswagenwerkes, ganz rechts F.Porsche
Skoda Museum, Mlada Boleslav
Kalenderblatt 16. Mai 1916
Am 16. Mai 1916 wurde das Sykes-Picot Abkommen offiziell verabschiedet.
Frankreich und England teilten, in Erwartung der Niederlage des Osmanischen Reichs im 1. Weltkrieg, den nahen Osten unter sich auf.
Originalkarte vom 8. Mai 1916 mit den Unterschriften der Beteiligten Mark Sykes u.a. und François Georges-Picot
Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16960916
Großbritannien schenkte sich das heutige Jordanien, den Irak und das Gebiet um Haifa.
Frankreich sollte die Herrschaft über die Südost-Türkei, den Nordirak, Syrien und den Libanon übernehmen.
Beide Länder konnten die Staatsgrenzen innerhalb ihrer Einflusszonen frei bestimmen.
Palästina sollte unter internationale Verwaltung gestellt werden.
% wikipedia
Kalenderblatt 2. Mai 1772
Am 2. Mai 1772 wurde der Dichter und Philosoph
Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, der sich Novalis nannte,
auf Schloss Oberwiederstedt im Südharz, geboren.
„Der Mann ist lyrisch, die Frau episch, die Ehe dramatisch.“
Aus den „Bruchstücken des fortlaufenden Selbstgesprächs in mir.“
Kalenderblatt 29. April 1827
Am 29. April 1827 schlug Dey Hussein Pascha,
Statthalter und letzter Ottomanischer Herrscher Algeriens,
bei einem Empfang zu Ramadan,
den französischen Konsul Pierre Deval dreimal mit seinem Fliegenwedel.
Zwei Jahre später war Algerien eine französische Kolonie.
Kalenderblatt 21. April 753 v. Chr.
Rom
Am 21. April 753 v. Chr. gründete Romulus Rom,
so die Erzählung Origo gentis Romanae (vom Ursprung des römischen Stammes), die mit der Stadtgründung endet.
Damit begann auch eine neue Zeitrechnung, der römische Kalender wurde eingeführt.
Rom, vom Gianicolo, nach NO
Kalenderblatt 29. März 1942
Die Royal Air Force testete im Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal das Flächenbombardements von deutschen Großstädten, aufgrund der Area Bombing Directive, in Lübeck.
Ein Viertel der Innenstadt wurde zerstört.
Auch der Lübecker Totentanz in der Marienkirche ging in Flammen auf.
Lübecker Totentanz 1/9
Mosaiken
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Jericho, Palast des Hischam, Khirbat al-Mafdschar
Kalenderblatt 14. März 1790
Am 14. März 1790 wurde
Ludwig Emil Grimm
Maler, Radierer und Kupferstecher,
Illustrator der ersten Fassung der Grimmschen Märchen,
in Hanau geboren.
Selbstbildnis, 1813
Kalenderblatt 27. Februar 1848
Am 27. Februar 1848 wurden auf der Mannheimer Volksversammlung vier Forderungen an das Großherzogtum Baden gestellt.
Damit begann die Badische Revolution.
Preußische Soldaten und Söldner der Habsburger löschten die Revolution und deren Anhänger bis zum Herbst 1849 mit brutaler Gewalt aus.
Kalenderblatt 18. Februar 1943
Am 18. Februar 1943 forderte NS-Propagandaminister Joseph Goebbels in seiner Sportpalastrede in Berlin den „totalen Krieg“.
Kalenderblatt 6. Februar 1730
Am 6. Februar 1730 wurde
Johann Rasso Januarius Zick,
Maler und Architekt,
in München geboren.
Selbstportrait, um 1757
Kalenderblatt 10. Februar 1791
Am 10. Februar 1791 wurde Francesco Hayez,
Maler, Historienmaler, Lithograf und Kupferstecher,
in Venedig geboren.
El Beso
Kalenderblatt 8. Februar 1591
Am 8. Februar 1591 wurde Giovanni Francesco Barbieri, besser bekannt als Guercino,
ein italienischer Maler, Freskant und Zeichner des Barock,
in Cento geboren.
Aufführungen
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https://www.arte.tv/de/videos/071372-000-A/mozarts-requiem-in-salzburg/
Kalenderblatt 15. Januar 1609
Am 15. Januar 1609 erschien die erste deutschsprachige Zeitung,
die Aviso Relation oder Zeitung,
in Wolfenbüttel.
Sie trug den Untertitel: Was sich begeben vnd zugetragen hat / in Deutsch: vnd Welschland / Spannien / Niederlandt / Engellandt / Franckreich / Vngern / Osterreich / Schweden / Polen / vnnd in allen Provintzen / in Ost: vnnd West-Indien etc.
/ Wikipedia
Zum Originaltext:
Museen
Thüringen
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„Es ist nicht wohl zu glauben, wie alle Herrschaft, Ritterschaft und Regenten in ganz Deutschland so verzagt wurden, daß auch zehen Bäuerlein ohne Harnisch ein ungewinnlich Schloß einnehmen konnte. – Darnach kehret’s sich wieder um, daß ein einziger Reuter zehen Bauern gefangen nehmen konnt.“
Friedrich Myconius (1490-1546)
Freyheit 1525 - 500 Jahre Bauernkrieg
NASA Bill Anders/ Apollo 8 / 24.12.1968
Kalenderblatt 13. Dezember 1577
Am 13. Dezember 1577 verließen fünf Schiffe, nun schon zum zweiten Mal, den Hafen von Plymoth in England.
Francis Drake, Organisator dieser Reise, segelte auf seinem Flagschiff, der Golden Hind und seinem Konvoi, gen Süden.
Die erste britische Weltumsegelung begann.
Das Unternehmen dauerte fast drei Jahre.
Dies war die erste Weltumsegelung, bei der der Anführer, bei der Ankunft noch lebte.
Das Londoner Konsortium, das die Reise finanzierte, konnte sich über eine Rendite von 4.700% freuen.
Kalenderblatt 10. Dezember 1524
Heinrich von Zütphen (Gemälde in der Ansgarii-Kirche Bremen)
Am 10. Dezember 1524 wurde Heinrich von Zütphen, protestantischer Reformator, von den Dominikanern erschlagen.
Seine Leiche wurde in Heide, Holstein, zerstückelt, verbrannt und verscharrt.
Kalenderblatt 8. Dezember 2005
Ein Börsenhändler in Tokio erhält den Auftrag, eine Aktie der Zeitarbeitsfirma J-Com zum Preis von 610.000 Yen zu verkaufen. Er gibt jedoch stattdessen eine Order über 610.000 Aktien zum Preis von einem Yen in sein Handelssystem ein und richtet mit dem teuersten Tippfehler der Welt einen Schaden von ca. 300 Millionen Euro an.
/. Wikipedia
Der große Komet von 1744
Museen
Bis zum 24. April 2022 werden im Lichtensteinischen LandesMuseum Funde aus Pompeji gezeigt.
Pompeji – Pracht und Tod unter dem Vulkan
Kalenderblatt 5. Dezember 1838
Vorgeschichte
Im Frühjahr 1830 unterzeichnete der amerikanische Präsident Andrew Jackson den Indian Removal Act.
Den New Echota Vertrag peitschte er noch, als einer seiner letzten Amtshandlungen durch den Senat.
Im Spätsommer 1838 vertrieben 7.000 Soldaten mit Waffengewalt 18.000 Cherokee aus ihren Siedlungen, in denen sie seit über fünfhundert Jahren gelebt hatten. Die Häuser wurden niedergebrannt und die Soldaten durchwühlten die Friedhöfe auf ihrer Suche nach Gold. Die Cherokee wurden in 13 eigens für sie gebauten Internierungslagern gefangen gehalten.
Fort Marr, Georgia, war eines davon.
Die amerikanische Regierung (Martin Van Buren war jetzt Präsident) erlaubte den Cherokee nicht, Decken oder Kleidung mitzunehmen. Es war kalt und es gab wenig zu essen. Viele starben schon in den Lagern.
Im Spätherbst wurden die Cherokee in die ihnen zugewiesenen Reservate getrieben.
900 Meilen lagen zwischen ihrer Heimat, das wasserreiche Waldland von Georgia und ihrem zukünftigen Reservat, den kargen Flächen Oklahomas.
Im Winter, zu Fuß.
Am 5. Dezember 1838 verließen die letzten Cherokee Fort Marr.
Auch vor ihnen lagen 900 Meilen, der Pfad der Tränen (Englisch: Trail of Tears, Cherokee: ᎨᏥᎧᎲᏓᎠᏁᎬᎢ).
8.000 Cherokee überlebten ihre Vertreibung.
Indianer-Umsiedlung, Wikipedia
Kalenderblatt 2. Dezember 1845
Am 2. Dezember 1845 verkündete US-Präsident James Knox Polk vor dem Kongress, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Sphäre im Westen aggressiv erweitern würden, um ihrem Manifest Destiny, ihrem göttlichen Auftrag nach Expansion nachzukommen.
wikipedia
Kalenderblatt 30. November 1835
Am 30. November 1835 wurde Mark Twain,
einer der großen amerikanischen Schriftsteller und Humoristen,
in Florida, Missouri,
geboren.
"Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und ihn gesund pflegst, wird er dich nicht beißen. Das ist der Hauptunterschied zwischen Hund und Mensch." The Tragedy of Pudd'nhead Wilson, Kap. 16
Original engl.: "If you pick up a starving dog and make him prosperous, he will not bite you. This is the principal difference between a dog and a man."
Archäologie
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Liangzhu – Chinas „Venedig“ der Steinzeit
Die Ruinen der Stadt Liangzhu © APA / AFP / CHINA OUT
Liangzhu war eine Großstadt der späten Steinzeit, die 3.300 v.Chr. gegründet wurde und nach rund 1.000 Jahren unterging.
Die Stadt lag an der Südostküste Chinas, am Mündungsdelta des Jiangtse-Flusses.
Die Stadt war durchzogen von Schifffahrtskanälen und durch hohe Dämme geschützt. Ausgleichsbecken sicherten den Wasserpegel.
© XU YU / XINHUA NEWS AGENCY / PICTURE ALLIANCE (AUSSCHNITT)
Ungefähr 35.000 Menschen lebten in dieser Metropole. Davon zeugen auch die über 5.000 perforierten Nephritscheiben oder -Säulen, die hier gefunden wurden.
Heute lässt sich aufgrund neuer Untersuchungen von Haiwei Zhang und seine Kollegen vermuten, dass sehr heftige Monsunregen zu Überschwemmungen führten,
denen die Stadt mit ihren Befestigungen nicht standhielt.
In den Stalagmiten der Höhlen Shennong und Jiulong registrierten sie Isotopenwerte des Kohlenstoffs, die eine extrem niederschlagsreiche Klimaphase ungefähr
zwischen 2345 und 2324 v. Chr. belegen würden.
Diese starken Monsunregen wurden und werden, durch El Niño geprägt.
Doch diesmal dauerten die erhöhten Niederschläge zur Monsunzeit Jahrzehnte an.
Darauf folgte eine jahrhundertelange Dürre.
Liangzhu wurde aufgegeben. Neue Städte entstanden im Norden.
Istanbul
das frühere Konstantinopel, war einst die größte und reichste Stadt Europas.
Die Serie nachkolorierter Postkarten gibt uns einen Eindruck, wie das Leben auf den Straßen dort war. Die Bilder, die in den letzten Jahren vor dem Untergang des Osmanischen Reichs aufgenommen wurden, zeigen die historische Architektur des türkischen Konstantinopels.
Von Dave Burke
©قنطرة
Kalenderblatt 19. November 1921
Erinnerungen an Max Kruse – Zum 100. Geburtstag des Urmel-Schöpfers
Kalenderblatt 17. November 1503
Am 17. November 1503 wurde Agnolo di Cosimo di Mariano, Bronzino,
ein italienischer Maler des Manierismus,
in Monticelli, einem heutigen Stadtteil von Florenz,
geboren.
Wikipedia
Auf der Schauenburg, Oberkirch
Kalenderblatt 11. November
Am 11. November wurde sein Leichnam nach Tours überführt und dort beerdigt.
Die heute in vielen Regionen beliebten Laternenumzüge erinnern also an einen Leichentransport und an eine Beerdigung.
Martin von Tour wird wegen seiner Bescheidenheit und seiner Mildtätigkeit hoch gelobt.
Jedoch hatte Martin eine Manie zu heidnischen Gebräuchen und Sitten entwickelt. Er zerstörte unzählige heidnische Kultstätten, Friedhöfe und Bäume und auch die Frage, weshalb er dem Bettler nur die untere Mantelhälfte (die ohne Pelz) gab und nicht den ganzen Mantel, bleibt unbeantwortet.
El Greco, San Martim
Seine Entscheidung, sich im Gänsestall zu verstecken, zeugt auch nicht von Weitsicht, sind doch Gänse für ihre Wachsamkeit und ihre Liebe zur Kommunikation bekannt.
Martin war ein Gänserich, eine überaus intelligente Graugans. Er liebte die Mathematik, besonders die Wahrscheinlichkeitstheorie hatte es ihm angetan.
Er war der Erfinder einer Theorie zur Berechnung der wahrscheinlichen Zukunft aus den Daten der Vergangenheit, u.a. zur Überlebenswahrscheinlichkeit für Gänse, die auch heute noch vielerlei Verwendung findet.
Aber die Gans Martin wurde vergessen. Warum, wird hier erzählt.
Martin lebte zusammen mit vielen anderen Gänsen auf einem Bauernhof.
Alle hatten ein gutes Leben, natürlich gab es Streitereien und Martin zog sich ab und zu in den Gänsestall zurück, um in Ruhe nachdenken zu können. Von den Traditionalisten wurde dies mit lautem Geschnatter kommentiert.
Es gab Gerüchte, dass der Bauer auch Metzger sei, aber Martin war Mathematiker.
Jeder weitere gute Tag erhöhte die mathematische Wahrscheinlichkeit des Überlebens und damit das Vertrauen Martins in die guten Absichten des Bauern.
Das gute Leben würde weitergehen.
Mit 99,991% Wahrscheinlichkeit würden er und die anderen Gänse den morgigen Tag überleben, so seine Berechnungen.
Zufrieden schlief er ein. Das musste er den anderen morgen erzählen.
Am nächsten Morgen wurden alle Gänse zu Martini geschlachtet.
Straßburg, Münsterplatz
Grimmelshausendenkmal
Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1621/22-1676) hat ab 1649 fast zwei Jahrzehnte in den heutigen Oberkircher Ortsteilen Gaisbach und Tiergarten gelebt. Hier schrieb er große Teile des ersten deutschen Schelmenromans „Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch“. Das Buch ist als wichtigstes deutschsprachiges Erzählwerk des Barock in die Weltliteratur eingegangen.
Bei der Schaffung des Denkmals ließ sich der Oberkircher Bildhauer Gerd Dörflinger vom Titelkupfer des Simplicissimusromans inspirieren. Dort ist ein Mischwesen mit Satyrkopf, Frauenleib, Männerarm, Huf und Entenfuß, Flügel, Fischschwanz, Degen und Buch abgebildet.
Es gibt verschiedene Interpretationen des Titelkupfers.
So könnte das Mischwesen für die Unmoral und die Ambivalenz der Zeit des Dreißigjährigen Krieges stehen. Für den frühneuzeitlichen Leser waren der Satyrkopf und die Masken ein deutlicher Hinweis auf den satirischen Charakter des Werks. Der Roman demaskiert die in ihm dargestellten Figuren und die Welt und er zeigt deren wahres Gesicht.
Die Stadt Oberkirch ließ das Denkmal 2021 zur Feier des 400. Geburtstages von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen errichten.
Kalenderblatt 21. Oktober 1638
Am 21. Oktober 1638 wurde die Kirche von Widecombe, Grafschaft Devon im Südwesten Englands, von einem heftigen Gewitter heimgesucht.
Als die Nachmittagsmesse gelesen wurde, vor zweihundert Gläubigen, trafen mehrere Blitze den 37m hohen Turm. Ein Kugelblitz entstand und bewegte sich zum Chor hin.
Bei dessen Explosion starben vier Menschen und etwa sechzig wurden verletzt.
Der Teufel hatte die Kirche besucht , so erklärten es sich die Zeitgenossen.
Kalenderblatt 13. Oktober 1698
Am 13. Oktober 1698 wurde Giacomo Antonio Melchiorre Ceruti,
Meister des Genrebildes und des Stillebens,
in Mailand geboren.
Selbstbildnis
Kalenderblatt 12. Oktober 1940
Am 12. Oktober 1940 wurde im Baden-Badener Stadtteil Oberbeuern die über 500 Jahre alte Bildeiche gefällt, wegen Bruchgefahr, so der damalige Stadtsprecher.
Mitte des 15. Jahrhunderts soll die Pest an dieser Eiche, die seit alters her ein Marienbild schmückte und deshalb Bildeiche hieß, zum Stillstand gekommen sein.
Genauso wie an der Dreieichenkapelle in der Weststadt.
Die Bildeiche stand direkt am Oosufer, bzw. deren Böschung, etwas weiter östlich als die heutige Straßenführung zwischen Beuerner Straße und Dormattstraße.
Jahrzehnte später wurde eine Ersatz - Bildeiche gepflanzt, zehn Meter entfernt vom ursprünglichen Ort, zwischen Beuerner Straße und der Straße An der Bildeiche.
Hoffen wir, dass es weiterhin Eichen gibt, die uns wohl gesonnen sind.
Mondhalo über Schwaben (1549)
Der große Komet C/1858 L1 wurde im Sommer des Jahres 1858 von Giambattista Donati in Florenz entdeckt.
Im Herbst des selben Jahres konnte er mit bloßem Auge am Tageshimmel gesehen werden.
Laut Wikipedia wird er, so um das Jahr 3760, der Erde wieder bis zu 0,5 AE nahekommen.
William Turner, Donati's Comet
Postkarte zum Boxeraufstand mit der Darstellung der an der Niederschlagung beteiligten Staaten
Kalenderblatt 2. Oktober 1904
Am 2. Oktober 1904 kündigte Lothar von Trotha den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts an.
Aufruf an das Volk der Herero
Ich, der große General der deutschen Soldaten, sende diesen Brief an das Volk der Herero. Die Hereros sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten, und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen. Ich sage dem Volk: Jeder der einen der Kapitäne an eine meiner Stationen als Gefangenen abliefert, erhält 1000 Mark, wer Samuel Maharero bringt, erhält 5000 Mark. Das Volk der Herero muß jedoch das Land verlassen.
Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr dazu zwingen. Innerhalb der Deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auf sie schießen. Dies sind meine Worte an das Volk der Hereros.
Der große General des mächtigen deutschen Kaisers.
Dieser Erlaß ist bei den Appells der Truppen mitzuteilen mit dem Hinzufügen, daß auch der Truppe, die einen der Kapitänen fängt, die entsprechende Belohnung zuteil wird und das Schießen auf Weiber und Kinder so zu verstehen ist, daß über sie hinweggeschossen wird, um sie zum Laufen zu zwingen. Ich nehme mit Bestimmtheit an, daß dieser Erlaß dazu führen wird, keine männlichen Gefangenen mehr zu machen, aber nicht zu Grausamkeiten gegen Weiber und Kinder ausartet. Diese werden schon fortlaufen, wenn zweimal über sie hinweggeschossen wird. Die Truppe wird sich des guten Rufes des Deutschen Soldaten bewußt bleiben.
der Kommandeur
gez. v. Trotha, Generalleutnant
Abschrift zu O.K. 17290 Osombo-Windembe, den 2. Oktober 1904
Kommando der Schutztruppe.
J.Nr. 3737
Gebet nach dem Schlachten
Kopf ab zum Gebet!
Herrgott! Wir alten vermoderten Knochen
sind aus den Kalkgräbern noch einmal hervorgekrochen.
Wir treten zum Beten vor dich und bleiben nicht stumm.
Und fragen dich, Gott:
Warum-?
Warum haben wir unser rotes Herzblut dahingegeben?
Bei unserm Kaiser blieben alle sechs am Leben.
Wir haben einmal geglaubt...Wir waren schön dumm...!
Uns haben sie besoffen gemacht...
Warum-?
Einer hat noch sechs Monate im Lazarett geschrien.
Erst das Dörrgemüse und zwei Stabsärzte erledigten ihn.
Einer wurde blind und nahm heimlich Opium.
Drei von uns haben zusammen nur einen Arm...
Warum-?
Wir haben Glauben, Krieg, Leben und alles verloren.
Uns trieben sie hinein wie im Kino die Gladiatoren.
Wir hatten das allerbeste Publikum.
Das starb aber nicht mit...
Warum-? Warum-?
Herrgott!
Wenn du wirklich der bist, als den wir dich lernten:
Steig herunter von deinem Himmel, dem besternten!
Fahr hernieder oder schick deinen Sohn!
Reiß ab die Fahnen, die Helme, die Ordensdekoration!
Verkünde den Staaten der Erde, wie wir gelitten,
wie uns Hunger, Läuse, Schrapnells und Lügen den
Leib zerschnitten!
Feldprediger haben uns in deinem Namen zu Grabe getragen.
Erkläre, dass sie gelogen haben! Lässt du dir das sagen?
Jag uns zurück in unsre Gräber, aber antworte zuvor!
Soweit wir das noch können, knien wir vor dir – aber leih uns dein Ohr!
Wenn unser Sterben nicht völlig sinnlos war,
verhüte wie 1914 ein Jahr!
Sag es den Menschen! Treib sie zur Desertion!
Wir stehen vor dir: Ein Totenbataillon.
Dies blieb uns: Zu dir kommen und beten!
Wegtreten!
Theobald Tiger, Die Weltbühne, 07.08.1924, Nr. 32
Kalenderblatt 14. September 1321
Giotto di Bondone, Dante Alighieri, Fresko
Kalenderblatt 4. September 1886
Am 4. September 1886 kapitulierte Geronimo, Führer der Apachen, entgültig.
Jahrelang hatte ihn die US-Armee gejagt. Mit tausenden von Soldaten, mit HighTech und mit Kopfgeld für jeden getöteten Indianer.
General Miles hielt keine einzige seiner Vereinbarungen mit Geronimo ein.
Geronimo starb weit entfernt seiner Heimat.
Ich warte
Geronimo, 1898
Die Apachen Kriege (1850-1890) waren die teuersten Kriege der USA im 19. Jahrhundert.
Kalenderblatt 1. September 1939
In den frühen Morgenstunden des 1. Septembers 1939 beschoss das deutsche Kadettenschulschiff SMS Schleswig-Holstein einen Militärposten und ein Munitionsdepot auf der polnischen Westerplatte.
Der deutsche Überfall auf Polen war der Beginn des zweiten Weltkrieges.
Mehr als 80 Millionen Menschen starben in diesem Krieg.
Ich habe Hitler nie mehr außer sich erlebt, als wenn er sich und uns wie im Delirium den Untergang New Yorks in Feuerstürmen ausmalte.
Tagebuch Albert Speer
Reichstag, 3. Juni 1945, IWM
Kalenderblatt 26. August
Am 26. August 1807 führte das junge Königreich Bayern,
als erstes Land der Welt, die Impfpflicht gegen Pocken ein.
Alle Bewohner Bayerns, die älter als 3 Jahre waren, wurden geimpft.
Wer sich der Impfung verweigerte, wurde vorgeladen, zwangsgeimpft, oder musste ein Strafgeld zahlen.
Schon damals gab es Impfgegner,
allen voran der Tiroler Kapuzinerpater Joachim Haspinger, der das Impfen als "Teufelswerk" bezeichnete und dass es nur dazu diene, den Tirolern "bayrisches Denken" einzuimpfen.
Denn Haspinger stammte aus Tirol, das das Habsburgerreich nach der Niederlage gegen Napoleon I. bei Austerlitz 1805 an dessen Rheinbund-Verbündeten Bayern hatte abtreten müssen. Unter den konservativen, stramm katholischen Bergbauern verfing die Botschaft, die den Weg zum großen Aufstand bereitete, der Andreas Hofer zum Volkshelden machte. /zitiert nach Berthold Seewald
Gerüchte über Kinder, die wie eine Kuh zu brüllen angefangen, und auf allen Vieren zu laufen begonnen hätten, befeuerten zusätzlich die Emotionen.
James Gillray, 1802
Selbst Immanuel Kant vermutete, dass „durch Jenners Kuhpocken die Menschheit sich zu sehr mit der Tierheit gleichstelle und dass der ersteren eine Art Brutalität eingeimpft werden könne“.
Aber der Erfolg der Impfungen gab den Befürwortern Recht.
Anfang des 20.Jahrhunderts war das Königreich bereits soweit "durchgeimpft", dass Pockenfälle nur noch sporadisch auftraten.
Verloren hatten die Tiroler.
In ihrem Kampf gegen das Virus und gegen die Fremdherrschaft Bayerns.
Kalenderblatt 7. August
Am 7. August 1883 wurde Hans Gustav Bötticher, der sich später Joachim Ringelnatz nannte, der große Poet und Mensch, in Wurzen (Sachsen) geboren.
George Catlin, porträtiert von William Fisk
George Catlin verbrachte mehr als acht Jahre bei den Indianern des Mittleren Westens und malte die Menschen, deren Leben und Gebräuche, die Landschaft und deren Lebewesen.
W-jun-jon, Pigeon's Head, going to and returning from Washington
Kalenderblatt 23. Juli 2021
Die UNESCO hat am 23. Juli 2021
Baden-Baden
in der Kategorie Große Bäder Europas ausgezeichnet
und Teile des Bäderviertels sind nun ein Kulturerbe der Menschheit.
Kalenderblatt 16. Juli 1950
Am Abend des 16. Juli 1950 läuteten in der Grauner Pfarrkirche St. Katharina zum letzten Mal die Glocken.
Das Dorf Graun liegt, oder lag, am südlichen Plateau des Reschenpasses, in einem wunderschönen Tal, das das Tor zum Vinschgau genannt wird, in dem sich die Etsch, die Rojen und andere Gebirgsbäche sammeln.
Reschensee
Ideal für einen Stausee und ein damit verbundenes Wasserkraftwerk.
Im Frühjahr 1950 wurde der Stausee Lago di Resia, der Reschensee, fertiggestellt und im Sommer geflutet.
Die Häuser versanken im Wasser.
Über 200 Menschen mussten ihr Heimattal verlassen. Bereits 1941 wurden sie enteignet und mit geringen Beträgen entschädigt.
Viele siedelten sich im neuen Dorf Grauen, bzw. Reschen, an, viele verliesen ihre Heimat.
Manche leben in der Gegenwart, manche in ihren Erinnerungen.
Heute ist der Kirchturm eines der beliebtesten Fotomotive des Vinschgaus.