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  • Kloster Maulbronn

    Kloster Maulbronn

     

    Maulbronn EingangIm Nordwesten des Landes liegt zwischen waldigen Hügeln und kleinen stillen Seen das große Zisterzienserkloster Maulbronn.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Weitläufig, fest und wohl erhalten stehen die schönen alten Bauten und wären ein verlockender Wohnsitz, denn sie sind prächtig, von innen und außen, und sie sind in den Jahrhunderten mit ihrer ruhig schönen, grünen Umgebung edel und innig zusammengewachsen. 

    Wer das Kloster besuchen will, tritt durch ein malerisches, die hohe Mauer öffnendes Tor auf einen weiten und stillen Platz.

    Ein Brunnen läuft dort, und es stehen alte ernste Bäume da und zu beiden Seiten alte steinerne und feste Häuser und im Hintergrunde die Stirnseite der Hauptkirche mit einer spätromanischen Vorhalle, Paradies genannt, von einer graziösen, entzückenden Schönheit ohnegleichen.

    Auf dem mächtigen Dach der Kirche reitet ein nadelspitzes, humoristisches Türmchen, von dem man nicht begreift, wie es eine Glocke tragen soll.

    Der unversehrte Kreuzgang, selber ein schönes Werk, enthält als Kleinod eine köstliche Brunnenkapelle; das Herrenrefektorium mit kräftig edlem Kreuzgewölbe, weiter Oratorium, Parlatorium, Laienrefektorium, Abtwohnung und zwei Kirchen schließen sich massig aneinander. Malerische Mauern, Erker, Tore, Gärtchen, eine Mühle, Wohnhäuser umkränzen behaglich und heiter die wuchtigen alten Bauwerke. [1]

     

    So beschreibt Hermann Hesse in seiner Erzählung „Unterm Rad“ das Kloster Maulbronn.

    Er flüchtete 1892 nach einem Jahr. Nicht nur Hesse litt unter den strengen Regeln, die zu seiner Zeit bereits (seit der Säkularisation) gelockert waren.

    Johannes Kepler, Hölderlin und Kerner,  „badische Revolutionäre“ Hermann Kurz und Georg Herwegh, sie und viele andere waren in Maulbronn.

    Klosterschulen waren in der damaligen Zeit für mittellose, d.h. nicht adlige oder städtische reiche Kaufmannssöhne, die einzige Möglichkeit eine gute Ausbildung zu erhalten und die Klosterschule bot, mit der Aussicht eines späteren Theologiestudiums, diese Chance.

    Besuchen wir das Kloster heute, so scheint es uns dank Hesses Beschreibung vertraut, wenig hat sich in den letzten 100 Jahren verändert, auch im Gesamtbild in den Jahrhunderten seit der Gründung im 12. Jahrhundert, so dass diese am besten erhaltene Klosteranlage nördlich der Alpen uns heute zu einem Spaziergang durch die Architekturgeschichte von der Romanik bis zur Hochgotik einlädt.

    Wir betreten das Kloster durch den im 15. Jahrhundert errichteten und im 18. Jahrhundert stark veränderten Torturm.
    Rechts und links davon befinden sich Pförtner-, Wach- und Gewerbebauten (Wagnerei und Schmiede).

    Wir erreichen den vorderen Klosterhof. Linkerhand liegt die Mühle, die wir später besuchen wollen.

    Im Mittelalter verlief in Höhe des Gesindehauses und des Kameralamts (ein Vorläufer des heutigen Finanzamts) eine Wehrmauer.

    Dominiert wird das heutige Hofensemble durch den rechts gelegenen Fruchtkasten, dem größten Bau der Anlage und dem wichtigsten Speicher des Klosters.

    Auf dem gleichen Weg, den die mittelalterlichen Konversen (Laienbrüder) nahmen, erreichen wir die naheliegende Kirche und deren Vorhalle, die uns zum Paradies führt.

    Dies ist wohl einer der schönsten Räume, der uns aus der Frühgotik erhalten geblieben ist. Die Eingangstüren, aus Schwarzwälder Tannenholz, sind die ältesten Türen Deutschlands. Sie waren einst mit Tierhäuten bespannt und rot bemalt.

     

    Wir betreten die Kirche.

    Die dreischiffige Pfeilerbasilika wirkt beeindruckend lang, da sie zwei Kirchen, nämlich die Laien- und die Mönchs-Kirche beherbergt.

    Die ehemals flache Holzbalkendecke wurde schon im 14. Jahrhundert beim Anbau der angrenzenden Stifterkapellen durch ein gotisches Netzgewölbe ersetzt.

    Im Chor das berühmte Steinkruzifix, das Conrad von Sinzheim erschaffen hat.

    Im nördlich an die Kirche stoßende Kreuzgang und im (Herren-) Refektorium finden wir die Künste des burgundischen Baumeisters wieder.

    Refektorium des Klosters Maulbronn A

    [2]

    Im Ostflügel betreten wir den Kapitelsaal. Hier trafen sich die Mönche täglich zur Lesung der Ordensregeln. Durch den östlichen Ern (fränkisch für Flur) gelangen wir über den Nordflügel des Kreuzgangs zum Brunnenhaus mit dem berühmten dreischaligen Brunnen. Sein Wasser stammt aus Quellen, die uns zum Mühlenhaus zurückführen.

    maulbronn Paradies

    Die Zisterzienser waren Meister der Wasserwirtschaft.

    Sie legten in Maulbronn über mehrere Geländestufen einen Verbund von etwa zwanzig Seen und Teichen an.

    Zur Entwässerung des Feuchtgebietes schufen sie zunächst östlich des Klosters ein weit verzweigtes Grabensystem, mit dem sie das Oberflächenwasser im Graubrunnengebiet und Roten Hain der Salzach zuführten.

    Im Tiefen See stauten sie die Salzach durch einen hohen Damm zu einem Wasserreservoir und Fischgewässer auf. Durch ein Ablaufsystem konnte das Wasser im Tiefen See reguliert und der Wasserbedarf zum Antrieb der Mühle gesteuert werden. Den Wasserlauf der Salzach fassten die Zisterzienser innerhalb der Klostermauern als Kanal, der Abwässer und Abfälle aufnehmen konnte und das Kloster bis heute durchfließt. [3]

    Maulbronn war nicht nur ein Kloster, sondern eine autarke „Insel“ im Ozean der stürmischen Jahrhunderte.

    Das Kloster ist seit 1993 als UNESCO-Weltkulturdenkmal in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen und beherbergt heute drei Museen.


    [1] Hermann Hesse, Unterm Rad, suhrkamp, 1972, Drittes Kapitel
    [2] Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Jubiläums-Ausgabe, Leipzig, 1902
    [3] Kloster Maulbronn, Carla Mueller und Karin Stober, 2013 Deutscher Kunstverlag Berlin

     

    Willi Andreas Weishaupt 2014

     

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