Baden Geotouren                                                                   

Geschichte

  • Kaiser Caracalla

    Kaiser Caracalla

     

     Caracalla_II_Fr.Bad.jpg
    Caracalla, Friedrichsbad
    Marcus Aurelius Antonius Bassianus
    geb. am 4. April 188 zu Lyon, † 8. April 217 zu Edessa
    war ein römischer Kaiser.
     

    Caracalla nannten ihn viele Römer, weil er in Rom ein neues Kleidungsstück einführte und den Massen schenkte, die Caracálla (ein vorn und hinten hoch geschlitzter Rock mit langen Ärmeln, evtl. mit Kapuze) der in Gallien getragen wurde, ein keltischer Kapuzenmantel. Seine Excellenz höchstpersöhnlich modifizierte dieses bewährte Kleidungsstück (im wesentlichen kürzte er den Rock).

    Lucius Septimius Bassianus war der älteste Sohn des römischen Kaisers Septimius Severus und dessen syrischer Frau Julia Domnia.

    Weil er drei Namen hatte, wurden ihm auch drei Eigenschaften seiner Familie zugeordnet: Von den Galliern soll er Leichtsinn, Feigheit und Tollkühnheit, von den Syrern Verschlagenheit und von den Afrikanern Härte und Grausamkeit geerbt haben, so der Historiker Cassius Dio.

     

    Mit zehn Jahren erhob ihn sein Vater zum Cäsar, jetzt nannte er sich Marcus Aurelius Antonius Bassianus.

    Sein Vater starb 211 auf einem Feldzug in Britannien auf dem ihn seine beiden Söhne Caracalla und Geta begleiteten.

    Nachdem die Brüder aus England nach Rom zurückgekehrt waren, ließ  Caracalla seinen Bruder Geta in den Armen seiner Mutter ermorden.
    An die 20.000 Anhänger seines Bruders Geta ließ er umbringen.

    Caracalla war nun der gottgleiche Alleinherrscher, seine Vorbilder waren Achilles und vor allem Alexander der Große.

    Caracalla brauchte viel Geld um seinen ausschweifenden Lebensstil und um seine Soldaten zu bezahlen.
    Terror, Enteignung und Erpressung waren für ihn geeignete und beliebte Mittel, dies zu erreichen.

    Am 11. Juli 212 gab er allen freien Untertanen des römischen Reiches das Bürgerrecht. Das bedeutete, dass 30 Millionen neue BürgerAbgaben zahlen mussten. Gleichzeitig verdoppelte er die Erbschaftssteuer für alle Bürger Roms.

    Später ließ er einen Doppeldenar mit vermindertem Silbergehalt prägen.

    213 führte er in Rhätien einen Krieg gegen die Alamannen.

    214 griff er in Dacien (heutiges Rumänien, Gebiete von Bulgarien) die Daker an.

    215 zog er nach Alexandria. Hier ließ er die waffenfähige Jugend von seinen Soldaten niederhauen, weil er sich an den Alexandrinern wegen deren beißenden Spötteleien über ihn, rächen wollte.

    216 überfiel er das Land der Parther (heutiger Iran und das Zweistromland).

    Unter dem Vorwand, die Tochter des Partherkönigs heiraten zu wollen, kam ein Treffen zwischen dem König, dessen Vertrauten und Caracalla zustande.

    Er ließ sie alle niedermachen, nur der Partherkönig entkam mit einigen wenigen.

    Dann plünderte er das Land.

    217 wollte er den Zug wiederholen, aber auf dem Weg nach Edessa ergab es sich, dass er zur Verrichtung der Notdurft beiseitetrat. Dort wurde er von seinen eigenen Offizieren erschlagen.

     

    In späterer Zeit blieb Caracalla's Name vor allem durch die nach ihm benannte Therme bekannt. (1)

     

    Caracalla war 213 in Aquae (dem späteren Baden-Baden), das fortan Aquae Aurelia hieß, auf einem Feldzug gen Norden.

     

    Caracalla_Inschrift_bei_röm._Bad.jpg

    Römische Funde, Tiefgarage beim Friedrichsbad

     

    Wenn Sie heute entspannt im warmen Wasser der Caracalla Therme in Baden-Baden so vor sich hinträumen, und bei der Erinnerung an Caracalla, den Namensgeber dieser Therme,  doch eine Gänsehaut bekommen sollten, gehen Sie in die Sauna, aber seien Sie auf der Hut, vor allem, wenn ihre Verwandten in der Nähe sind.

    Hab keine Angst vor Fremden, hab lieber Angst vor deiner Familie.

     Willi Andreas Weishaupt 

    © Baden-GEO-Touren

     

     

     Legende

     

    (1) Der Bäderkomplex der Caracalla-Thermen, gelegen am Aventin, dem südlichsten der Hügel Roms, wurde von Septimius Severus gebaut und von seinem Sohn Marcus Aurelius Antonius Bassianus, bekannt als Caracalla, AD 216  eingeweiht.

    Er bedeckte eine Fläche von 337x328 m.

    Der zentrale Bereich von 220x114 m. folgt den Vorstellungen der imperialen Periode:

     

    Grundriss Caracallatherme

     

    Die zentrale Achse reiht die Bäder: 1 calidarium, 2 tepidarium, 3 frigidarium und 4 natatio auf. Die anderen Räume: 5 apodyteria, 6 sphaeristeria und 7 laconica sind symmetrisch dazu angeordnet.

    Gewaltige Zisternen, gegenüber der Eingangsseite, formten ein Stadion. 

    Die Seitenfronten bildeten große Exedren (nischenartige Räume), die jeweils drei weitere Räume beinhalteten.

     

     Caracalla Therme

    Frigidarium der Thermen des Caracalla zu Rom (Rekonstruktion von Viollet-le-Duc).

     

    CaracallaThermae

     

     

    Nicht nur durch die Größe waren die Bäder spektakulär, sondern auch durch die Dekoration.

    Die Wände und die Fußböden des zentralen Beriches bestanden aus einfarbigem Marmor, Mosaikfußboden in den übrigen Räumen, Die vielen Nischen boten Raum für  hunderte von Statuen. 

    Anhand der Nischen im zentralen Bereich des Bades nimmt man an, dass dort über 100  Statuen standen.

    Viele von ihnen wurde vor dem Bau gefertigt, aber ebenso viele wurden, vor allem die Kolossalstatuen, speziell für die Caracalla-Therme in Auftrag gegeben. So der Herkules oder Asclepius.

    Herkules     Herkules Rückseite

    Herkules Neapel Museo Archeologico Nationale

     

    Der Farnesische Stier MAN

    Der farnesische Stier

     

     Caracalla Therme Mänade Palermo

     Mänade Museum Palermo

    Im 5.Jh. reihte Polemius Silvius die Bäder in die sieben Weltwunder ein, d.h. die Bäder waren zu dieser Zeit noch in Betrieb und überaus prächtig.

    573 belagerten die Goten die Stadt, kappten und zerstörten die Wasserversorgung.

    Ohne Wasser kein Bad. Die Bäder zerfielen.

    Im 12. Jh. diente das Gelände als Plantage und Weinberg, teilweise als Friedhof und später als Steindepot für Kirchen und Paläste. 

    Im 16. Jh. war der Komplex immer noch zugänglich und die meisten dekorativen Elemente in situ. 

     

    Bartoli_Ruinen_Caracallatherme_II.jpg

    Bartoli, Caracalla

     

    Der systematische Diebstahl der Monumente begann 1545 als Alessandro Farnese (Papst Paul III.) per Dekret sich selbst und seiner Familie Ausgrabungen erlaubte, und den Farneses alle Rechte an den gefundenen Kunstgegenständen verlieh.

    Literatur:
    F.A. Brockhaus Enzyklopädie, Mannheim, 1987
    Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Jubiläums-Ausgabe, Leipzig, 1901
  • Kalenderblatt 10. November 1938

    Kalenderblatt 10. November 

    Baden-Baden, am 10. November 1938

     

    7:00

    2-Mann-Trupps (ein SS-Mann und ein Polizist) suchen die ihnen zugeteilten Häuser auf, nehmen die dort wohnenden jüdischen Männer fest und bringen sie zur Polizeidirektion.

     

    11:00

    Mit einem plakatgroßen Judenstern, auf dem „Gott verläßt uns nicht!“ stand, mussten ca. 80 jüdische Männer durch die Stadt marschieren.

    Vom Polizeigebäude (heutiges Ärztehaus Vincenti, Sophienstr. 47) ging es durch die Gernsbacher Straße zum Jesuitenplatz, dann die Lange Straße entlang bis zur Sternstraße, Richtung Trinkhalle bis zur Luisenstraße. Von dort zurück über den Leopoldsplatz in die Lichtentaler Straße. Zwischen Augusta- und Bertholdplatz links ab in die schmale Stephanienstraße und dann bis zur Synagoge (heutig profan als Parkplatz des Badischen Tagblatts genutzt).

     Baden Baden Festnahme von Juden

    Bundesarchiv

    12:00

    Die jüdischen Männer müssen durch ein Spalier von SS- und Gestapo-Männern, die sie schlagen und anspucken, ihr Gotteshaus betreten.

     

    13:00

    A.Flehinger wird gezwungen Passagen aus „Mein Kampf“ vorzulesen.

    Den Juden wird befohlen das „Horst-Wessel-Lied“ zu singen, ihre Kopfbedeckung abzunehmen und groteske Turnübungen vorzuführen.

    Sie müssen vor der Synagoge ihre Notdurft verrichten.

     

    14:00

    Die Männer werden in das jüdische Hotel Central (Sophienstr. 2) geführt.

    Dort werden sie von dem örtlichen Gestapochef Schray in „Schutzhaft“ genommen. Die „Haftfähigen“ wurden noch am Abend zum Bahnhof und von dort in das KZ Dachau gebracht.

     

    14:30

    Die leergeräumte Synagoge wird von SS-Leuten in Brand gesetzt.

    Die Abbruchkosten (9.000 RM) mussten von der jüdischen Gemeinde bezahlt werden.

    Als im Februar 1937 die jüdischen Kurgäste von den Heilbädern ausgeschlossen wurden protestierten die Hoteliers und einige Bewohner.

    1938 erhob sich keine Stimme mehr.

     

    BT 11.11.1938

    Badisches Tagblatt, 11.11.1938

     

    Quelle: Angelika Schindler, Der verbrannte Traum, Elster Verlag

  • Kalenderblatt 11. November 1918

    Kalenderblatt 11. November

    Am 11. November 1918 endete der I. Weltkrieg.

    Um 5 Uhr morgens wurde der Waffenstillstand von Compiègneunterzeichnet und trat sechs Stunden später in Kraft.

    Gekämpft und gestorben wurde bis zur letzten Minute.

    An diesem letzten Kriegsvormittag starben über 2.000 Soldaten, über 8.000 wurden verletzt.(1)

     

    Wenn irgend jemand fragt, warum wir starben,

    Sagt ihnen, weil unsre Väter gelogen haben.

    John Kipling, Epitaphs of the War

     

    Dritte Flandernschlacht Oktober 1917 Imperial War museum London

    Dritte Flandernschlacht Oktober 1917, Imperial War Museum, London

     

     

    Quellen/Literatur:

    (1) Adam Hochschild, DER GROSSE KRIEG, Klett-Gotta, S. 434

    Christopher Clark, DIE SCHLAFWANDLER, DVA

     

     
  • Kalenderblatt 12. November 1918

    Kalenderblatt 12. November

     

    Am 12. November 1918 erließ der Rat der Volksbeauftragten (Übergangsregierung von SPD und USPD) mit Friedrich Ebert an der Spitze ein neues Wahlgesetz.

     

    „Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von den über zwanzig Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Der Wahltag muß ein Sonntag oder öffentlicher Ruhetag sein. Das Nähere bestimmt das Reichswahlgesetz.“

    Weimarer Reichsverfassung, Art. 22, Abs. 1

     

    Erstmals in Deutschland durften Frauen wählen und gewählt werden.

     

    Bei der Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 gingen 87% aller Frauen zur Wahl. Von 300 Kandidatinnen wurden 37 in den Reichstag gewählt. Dieser Frauen-Anteil von knapp neun Prozent wurde erst wieder bei der Wahl zum Deutschen Bundestag 1987 erreicht.

    Nur 14 Jahre später entzogen die Nationalsozialisten den Frauen das passive Wahlrecht.

     

    "Die Frauen dürfen so wenig auf die Hilfe der Männer warten, wie die Arbeiter auf die Hilfe der Bourgeoisie."

    August Bebel

     

     Frauenwahlrecht Plakat

     

    Geschichte des Frauenwahlrechts in Deutschland

  • Kalenderblatt 14. November 1918

    Kalenderblatt 14. November

    Am 14. November 1918 verkündete die demokratische provisorische Volksregierung die freie Volksrepublik Baden, die Badische Republik.

     

    Wappen Baden 1849

    Die Badische Republik existierte nur 15 Jahre lang.

    Mit dem Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich im Jahr 1933 verloren alle Länder ihre Souveränität.

  • Kalenderblatt 15. November 1884

    Kalenderblatt 15. November 1884

    Am 15. November 1884 trafen sich in Berlin auf Einladung Otto von Bismarcks die Vertreter der europäischen Länder,

    der USA und des Osmanisches Reiches,

    um eine einvernehmliche Aufteilung Nord-, aber vor allem Zentral-Afrikas und der Kongo-Region, zu erreichen.

    Bei dieser, als "Kongokonferenz" bekannten Maklerei,

    erhielt Leopold II., König von Belgien und einer der reichsten Männer Europas, das gesamte Gebiet der heutigen Republik Kongo, als seine private Kolonie.

    Leopold II. investierte keinen belgischen Francs in den Aufbau staatlicher Strukturen. Stattdessen beutete er seinen Freistaat, zwanzigmal so groß wie sein heimisches Königreich, brutal aus.

    Elfenbein und Kautschuk waren begehrt.

    Wenn die Afrikaner zu wenig Kautschuk lieferten, schnitten ihnen die Belgier oder deren Söldner, die Hände ab.

    Innerhalb von 30 Jahren starb die Hälfte der Einwohner.

     

     

    15. November 1908

    als der Völkermord durch amerikanische und europäische Veröffentlichungen publik wurde,

    verkaufte Leopold II. seine Kolonie an den belgischen Staat.

    50 Millionen belgische Francs bekam er dafür.

    Belgien übernahm auch Schulden von 45 Millionen für bereits begonnene Bauprojekte und weitere Schulden über 100 Millionen belgische Francs.

  • Kalenderblatt 18. Oktober 1356

    Kalenderblatt 18. Oktober

     

    Am Abend des 18. Oktobers 1356 erschütterte das bislang stärkste Erdbeben nördlich der Alpen die Region um Basel.

    Steinhäuser, alle Türme, auch der Chor des Münsters, stürzten ein.

    Basel Konstanzer Weltchr

    Basel-Konstanzer Weltchronik 14. Jahrhundert

    In Panik verließen die Menschen ihre Häuser. Die Erde bebte immer wieder.

    Offene Feuerstellen entzündeten die vielen mit Stroh und Schindeln gedeckten Häuser der Stadt und richteten einen noch größeren Schaden an.

    Erst um Mitternacht endeten die Erdstöße.

    Bis zum Frühjahr 1357 wurde die Region von weiteren, schwächer werdenden Erdbeben heimgesucht.

    Ursächlich ist eine seismisch aktive Bruchzone des Rheingrabens.

    Quellen / Links:

     
    Ein Erdbeben könnte Basel von der Landkarte verbannen
  • Kalenderblatt 19. Juni 1600

    Kalenderblatt 19. Juni 1600

     

    Der Badische Markgraf Eduard Fortunat von Baden-Rodemachern
    stürzt auf der Treppe der Burg Kastellaun in den Tod.
     

        Treppe.jpg

  • Kalenderblatt 27. Januar 1945

    Kalenderblatt 27. Januar

     

    Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.

     

    Bundesarchiv_B_285_Bild-04413_KZ_Auschwitz_Einfahrt.jpg

    KZ Auschwitz, 1945, Stanislaw Mucha, Bundesarchiv

    Gedenkstätte und Museum Auschwitz-Birkenau

  • Kalenderblatt 28. Juni 1914

    Kalenderblatt 28. Juni 1914

     

    Am 28. Juni 1914 wurden Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in Sarajevo von bosnischen Serben der Gruppen Mlada Bosna und Crna ruka erschossen.

     

    Von Bettmann Corbis Guardian.co.uk Gemeinfrei

    Minuten vor dem Attentat (1)

    Viele Slawen und Serben sahen in Franz Ferdinand einen Reformer.

    Nach der Logik der Terroristen war er gefährlicher als die direkten Gegner und Hardliner. (2)

    Das Attentat führte zur Junikrise.

    Die gipfelte in der Kriegserklärung Österreichs an Serbien.

    Damit begann der 1. Weltkrieg.

    Millionen Tote, Millionen Verstümmelte, Millionen Traumatisierte, Millionen Vertriebene.

     

    WKM Schloss Rastatt1.Weltkrieg zerschossener Stahlhelm R

    Schloss Rastatt, Wehrkundemuseum, Stahlhelm 1.WK (3)

     

     

    Bildnachweise/Quellen/Literatur:

    (1) Bettmann Corbis Collection, gemeinfrei

    (2) Christopher Clark, Die Schlafwandler Wie Europa in den ersten Weltkrieg zog, DVA, S.81

    (3) baden-geotouren, gemeinfrei

  • Kalenderblatt 8. November 1918

    Kalenderblatt 8. November

    Am 8. November 1918 erreichte die Novemberrevolution in Braunschweig mit der Abdankung des Herzogs Ernst August ihren ersten Höhepunkt.

    Volksfreund 8.11.1918 Staatsbibliothek Berlin

    Volksfreund vom 8. November 1918, Staatsbibliothek Berlin

     

    "Friede, Brot, Freiheit!" war schon im August 2017 das Motto des ersten Generalstreiks in Braunschweig.

     

    Im November 1918 stand Deutschland vor dem fünften Kriegswinter.

    Armut und Hunger regierten das Land. Die Spanische Grippe wütete in der Stadt. Das öffentliche Leben war auf den Krieg ausgerichtet. Immer mehr Kriegsinvalide prägten das Stadtbild. Fast alle Frauen und Kinder ab 14 Jahren arbeiteten in der Rüstungsindustrie. Die Männer waren alle an der Front.

    Der Krieg war sinnlos und verloren.

     

    Die Revolution organisierte sich in den Betrieben.

    Aufgerufen von der neuen USPD, des Spartakusbundes und Teile der MSPD (die in Braunschweig in der Minderheit war) gingen ca. 20.000 Menschen am 8. November nach der Frühschicht auf die Straße und besetzten den Bahnhof, das Telegrafenamt, die Polizeizentrale und schließlich das Schloss.

    August Merges forderte den letzten Welfenherzog zur Abdankung auf. Ernst August akzeptierte.

    Braunschweig Novemberrevolution Delegation Arbeiter und Soldatenrat 8. Nov. 1918 16 H XVI H I 1918 Stadtarchiv Braunschweig

    BS-Abordnung voLi: Hermann Meier, Hermann Schweiss (beide Soldatenräte), August Merges, Paul Gmeiner, Henry Finke (Arbeiterrat), Friedrich Schubert (Soldatenrat).

    Kein Schuss war gefallen.

    Auf dem Braunschweiger Schloss wehte die rote Fahne. 

     

  • Kalenderblatt 9. November

    Kalenderblatt 9. November

    Der 9. November wird auch als der „Schicksalstag der Deutschen“ bezeichnet.

     

    1848

    Robert Blum, ein deutscher Politiker, Verleger („Vorwärts!“) und Dichter, wurde
    wegen „aufrührerischer“ Reden zum Tode verurteilt und unter Missachtung seiner Immunität als Abgeordneter erschossen.

     

    1918

    Novemberrevolution
    Kaiser Wilhelm II. dankt ab. Philipp Scheidemann ruft vom Reichstagsgebäude die „Deutsche Republik“ aus, Karl Liebknecht zwei Stunden später die „Deutsche Räterepublik“.

     

    1923

    Hitler-Ludendorff-Putsch
    Der Putschversuch der NSDAP, mit dem Ziel der Vernichtung der parlamentarischen Demokratie wurde von der bayrischen Landespolizei niedergeschlagen.

     

    1938

    Pogromnacht / Reichs-Kristallnacht
    Gesteuert von den Nationalsozialisten wurden hunderte Juden ermordet, tausende Synagogen, Geschäfte und Friedhöfe zerstört.

     

    1989

    Fall der Berliner Mauer

  • Kalenderblatt Winterkomet 1618

    Der Winterkomet 1618

    Heute wird als auslösendes Moment des 30-jährigen Krieges (1618-1648) der Prager Fenstersturz genannt.

     

    Komet 1618 HD

    Komet C/1618 W1 über Heidelberg Stadtarchiv

     

    Die Menschen des 17. Jahrhunderts empfanden dagegen das Erscheinen dreier Kometen Ende November 1618 als ein „göttliches Zeichen des Zorns und der Strafe“. Unheil stand bevor.

    Der hellste der Kometen ( C/1618 W1) war mehr als zwei Monate am Himmel sichtbar und anfangs angeblich heller als der Mond.

    Für die Bevölkerung war der Komet am Himmel ein böses Ohmen.

    Das Zeichen am Himmel hatte Gott gesandt, der strafende Gott.

    Aber die zeitgenössischen Astronomen wie Athanasius Kircher und Johannes Kepler fanden wissenschaftliche Erklärungen für den verheerenden Einfluss dieser Himmelserscheinungen.

    Kepler zufolge hatte dieser Komet katastrophale Folgen für die Menschen, weil die Erde auf ihrer Umlaufbahn den Orbit des Kometen gekreuzt habe. Kepler bezeichnete diesen Kreuzungspunkt als „locus infectus“. Für ihn war die tödliche Seuche auf den Kriegsschauplätzen Böhmens, die 1619 wütete, ein Beweis dieser These. Der Komet „significirte“ den Krieg nicht nur, er „efficierte“ ihn direkt.

    Nach Meinung der Astronomen kehrt dieser Komet erst in einhunderttausend Jahren zur Erde zurück.

     

    Quelle: Andreas Bähr, Der grausame Komet, Rowohlt Verlag, Reinbek, Hamburg 2017

  • Karl Friedrich Ludwig Christian Freiherr Drais von Sauerbronn

    Karl Friedrich Ludwig Christian Freiherr Drais von Sauerbronn

    KarlDrais

    geb. 29. April 1785 in Karlsruhe, † 10. Dezember 1851 ebenda

     war Baron, Forstmeister, Erfinder des Fahrrads und für viele in seiner adligen Verwandschaft ein schwarzes Schaf, aber für viele andere war er ein berühmter Mann, der von Großherzogin Stephanie, dem preußischen König, dem russischen Zaren und zahlreichen Fachleuten im In- und Ausland sehr geschätzt wurde. (0)

     

     Als Karl getauft wurde, war der regierende Markgraf (1) als Taufpate anwesend. Fast zwei Dutzend weitere badische Adelige, Prinzen und Prinzessinnen gaben sich die Ehre.

    Karl beeindruckte dies vermutlich wenig, aber sicherlich erfreute die große Equipage seinen stolzen Vater Carl und seine glückliche Mutter Margarethe Ernestine von Kaltenthal.

     

    Vater Carl kam aus altem Hochadel, Besitzloser Landadel war der Status bei Drais' Geburt. Im 17. Jahrhundert war die Schauenburg (bei Basel) ihr Wohnsitz. Im 18. Jahrhundert gingen viele Adlige ohne Grundbesitz in den Staatsdienst, so auch einige von Sauerbronns.

    Carl war ein einflussreicher und vielbeschäftigter Mann in den markgräflichen Verwaltungsgremien in Karlsruhe (damals etwa 4.500 Einwohner).
    Er war Polizeidirektor, bald geheimer Rat, badischer (Ober-)Hof- und Regierungs-, Gerichts- und Kirchen-Rat.

    Vater Carl

    Zuhause war er „ungnädig“, aufbrausend und jähzornig. Er kontrollierte alles und jeden, auch sich selbst.

    Als die Ärzte ihm „epileptisches Irresein“ diagnostizierten, war Karl fünf Jahre alt.

    Karl hatte drei jüngere Schwestern, als die Familie auf Wunsch des Markgrafen nach Kirchberg (Grafschaft Sponheim im Hunsrück) zog.

    Hier lernte Karl fechten und dichten, mit seinem Vater alsLehrmeister.

    Karl träumte vom „Schinderhannes“ und erdachte vielleicht hier seine ersten „Konstruktionen“.

    Bald war diese Idylle vorbei. In den Wirren der Französischen Revolution verlor Baden die linksrheinischen Gebiete und im Hundsrück wehte ein anderer Wind.

    Karls Vater hatte inzwischen seine Krankheit überwunden, durch „Disziplin und Diät“, und natürlich hatte er ein Buch darüber geschrieben.

    Die Familie zog nach Durlach.

    1797 leitete Carl für den Markgrafen u.a. die Polizeimaßnahmen während des Rastatter Friedenskongresses. Erst 1799 kehrte er zu seiner Familie zurück.

    Für Karl war das kein gutes Jahr.
    Zuerst starb sein neugeborener Bruder, dann seine geliebte Tante Christine. Seine Mutter, seit langem krank, wurde immer schwächer.  

    Der Vater, der den Anblick seiner sterbenden Frau nicht ertragen konnte, schickte Karl an das Sterbebett. Im Morgengrauen musste Karl seinem Vater den Tod Margarethes mitteilen.

    Karls schulische Leistungen wurden schlechter. Sein Vater wütender. Also kam Karl zu seinem Onkel Friedrich. (2)

    Der hatte die erste Forstschule in Baden gegründet und zog bald von Eberstein bei Gaggenau, nach Pforzheim.

    Drei Jahre blieb Karl bei seinem Onkel, danach ging er nach Heidelberg und studierte Physik und Baukunst.

    Sein Vater Carl schrieb Briefe. An den Markgrafen, die Heidelberger Professoren.

    Und so wurde Karl mit 19 Jahren Jagd- und zwei Jahre später Hofjunker im Oberforstamt Rastatt mit einem Jahresgehalt von anfangs 240 Gulden. Ein einfacher Lehrer verdiente 50 Gulden im Jahr.

    Die nächsten Jahre wanderte Karl von Forstamt zu Forstamt (Schwetzingen, Freiburg, Offenburg und Schuttern). Er fühlte sich von seinen Vorgesetzten ausgenutzt, das Forstamtsleben war ihm zu eintönig.

    Schließlich ließ sich Karl beurlauben, und zog sich als 25-jähriger in das Nest seines Vaters, der inzwischen Präsident des badischen Gerichtshofes in Mannheim war, zurück. Seine Bezüge behielt er.

    Karl widmete sich nun ausschließlich den Wissenschaften und dessen technischer Umsetzung.

    Bald veröffentlichte er mathematische Beiträge über die „Dyadik“ (3) und über Lösungsverfahren algebraischer Gleichungen.

    1813 präsentierte Karl die „Fahrmaschine ohne Pferd“, einen vierrädrigen Wagen, dessen Hinterräder durch eine Kurbelwelle, die direkt mit den Füßen getreten wurde, angetrieben wurden. Gelenkt wurde mit zwei Holmen, die abgeklappt als Deichsel für ein Zugpferd verwendet werden konnten.

     

    Fahrmaschinen.jpg 500
     
     

    Karl bat den neuen Markgrafen (4) um Patenschutz.

    Der ordnete jedoch zuerst ein Gutachten von Weinbrenner und Tulla an.

    Unterdessen hatte Karl Gelegenheit, Zar Alexander seine Fahrmaschine in Karlsruhe vorzustellen. „C’est bien ingenieux“ soll der Zar gesagt haben.

    Doch die beiden deutschen Experten, Tulla und Weinbrenner waren mit der Expertise überfordert. Tulla schätzte die Rollwiderstand falsch ein und Weinbrenner war ein guter Architekt, aber kein Physiker.

    Beide meinten, der Mensch solle doch lieber " seine eigenen zwei Beine benutzen".

    Damit bekam Karl für seine Fahrmaschine keine markgräfliche Unterstützung, ja es wurde ihm verboten, offiziell, z.B. in Forstamts-Uniform seine Fahrmaschine vorzuführen.

    Beamte durften damals keinen Nebenerwerb ausüben.

    Karl erfand die Fahrmaschine.

     

    Zwei hintereinander liegende Räder waren miteinander verbunden, das vordere Rad war lenkbar und stabilisierte sich durch einen veränderbaren Nachlauf. Rahmen, Räder und Lenksystem bestanden aus Eschen- oder Kirsch-Holz, die Achslager aus Bronze. Das Rad wog ca. 22 kg, also wenig mehr als ein heutiges Fahrrad. Das Hinterrad hatte eine Schleifbremse, die durch einen Seilzug betätigt wurde. Drais entwickelte für seine Fahrmaschine einen höhenverstellbaren Sattel, einen „Standfuß“ (am Vorderrad), einen Gepäckträger und Satteltaschen.

     


     

    Man saß auf dem Rad und stieß sich mit den Füßen ab. Da das Körpergewicht auf dem Rahmen lastete, konnte man sich verblüffend schnell fortbewegen.

    Diese Laufmaschine, wie er sie nannte, war das erste Zweirad der Geschichte und das effizienteste Fortbewegungsgerät, das der Mensch je erschuf.

    Am 12. Juni 1817 begann das Zeitalter des Fahrrads.

    Karl fuhr mit seinem Zweirad in einer Stunde von Mannheim zur Relaisstation Schwetzingen (genau genommen ist das die halbe Strecke zwischen Mannheim und Schwetzingen, gefahren auf der besten Straße, Strecke: ca. 14 km) und wieder zurück.

    Einige Wochen später startete er in Gernsbach und hatte einen spektakulären Zieleinlauf in Baden-Baden. (5)

    Karl Drais erfand das heutige Fahrrad, ohne eigenen mechanischen Antrieb.

    Warum hat er seinen Beinen vertraut und keinen mechanischen Antrieb der Laufmaschine in Erwägung gezogen?

    Er hatte Antriebsvarianten in seinen vierrädrigen Fahrzeugen ja schon eingesetzt.

    Die Stabilität seiner ersten Laufmaschinen entsprach nicht der eines heutigen Fahrrads.

    Carl Benz, der schon als Knabe ein begeisterter Anhänger seines Nachbarn war, brauchte angeblich mehrere Wochen, um das Laufrad zu beherrschen.

    Laut Karl war auch ein Kind seiner Zeit. Er traute sich nicht, "den Bodenkontakt" zu verlieren.

    Außerdem war Karl ein begeisterter und guter Schlittschuhläufer. Er erprobte und fuhr seine Laufmaschine zuerst auf den zugefrorenen Seen und Flüssen seiner Heimat. Er stellte sie auf Kufen und mit seinen Schlittschuhen stieß er sich ab, beschleunigte und legte sich mit dem Zweirad in die Kurven.

    Alle bekannten Antriebe seiner Zeit setzten viel weniger Energie in Fortbewegung um. Karls kräftige Beinmuskulatur wirkte direkt. Warum sollte er nicht auf den Rat der Experten hören und „seine eigenen Beine benutzen“?

    Schneller auf dem Eis als Karl war jedenfalls keiner unterwegs.

    Anfang 1818 bekam Karl vom Markgrafen ein Patent auf 10 Jahre für seine Laufmaschine. Damit war seine Erfindung aber nur im kleinen Baden geschützt.

    Jedes Zweirad, das in Baden verkauft wurde, trug sein Familienwappen - ein Affront, meinten nicht nur die von Sauerbronns.

     

    Wappen Drais                                                                                       Drais Plakette

     

    In ganz Europa wurde sein Ur-Fahrrad mehr schlecht als recht nachgebaut.

    Karl verdiente keinen einzigen Gulden an diesen Plagiaten.

    Seine Fahrmaschine nannte man Draisine in Deutschland, Draisienne oder Velocipede in Frankreich und in England German horse oder hobby horse.

    Besonders beliebt war die Laufmaschine bei den Studenten und auf den Turnplätzen, aber auch der badische Hof begeisterte sich und kaufte auf die Person angepasste Zweiräder. In privaten Parks, auf den gepflegten Alleestraßen war damit gut fahren, und so wurde das Urfahrrad für kurze Zeit ein Spielzeug der Reichen.

    Karl wurde zum Professor der Mechanik ernannt.

    Leider ein Ehrentitel, der im keinen einzigen zusätzlichen Gulden einbrachte.

    Dann ermordete der Burschenschaftler und Theologiestudent Karl Ludwig Sand den „Landes und Volksverräter“, den Bühnenautor und Schriftsteller August von Kotzebue.
    Sand wurde 1820 mit dem Schwert hingerichtet.
    Der Oberhofrichter, der ein Gnadengesuch an den Markgrafen ablehnte, war Karls Vater.

    Metternich setzte die unsäglichen Karlsbader Beschlüsse durch.
    Karls Vater führte sie aus.
    Verbot der Pressefreiheit und der Burschenschaften, Überwachung der Universitäten und die europaweit einmalige Schließung aller Turnplätze über Jahrzehnte hinweg (von 1820 bis 1848) waren gut für die restaurativen Mächte, aber schlecht für den Verkauf weiterer Laufmaschinen des Karl Dreis.

    Laufräder auf den Bürgersteigen zu benutzen, wurde wg. potenzieller Unfallgefahr bald verboten. Später wurden als Zubehör Hundeabschreckpeitschen mit angeboten.

    Karl erlebte die Ablehnung, die eigentlich seinem Vater galt. Er wurde von Freunden Sands beleidigt und verleumdet. Sein Vater wollte ihn von der Bühne bringen.

    Auch der ewige Kleinkrieg mit den peniblen Finanzbeamten (die Forstverwaltung wollte Karls Pension nicht mehr bezahlen) zerrte wohl an seinen Nerven.

    Karl verlässt Europa.

    Als Vermessungstechniker reist er mit Georg von Langsdorff
    (und neunzig Kolonisten) nach Brasilien.

    Nach fünf Jahren kehrt er doch wieder nach Mannheim zu seinem Vater zurück und bringt eine „Schnellschreibmaschine“ mit.

    Dann bricht seine Welt zusammen. Sein gehasster und geliebter Vater stirbt.


    Nun ist alles Vergangenheit, nur seine Laufmaschine nicht.

    Die lebt weiter, in Frankreich und in Deutschland. 1833 erschien in Karlsruhe die Werbeanzeige eines Spielwarenhändlers. "Es sind wieder Kinderdraisinen in mehreren Größen eingetroffen."

    Geld hat er dafür nicht bekommen, aber Ruhm sicherlich.


    Karl entwickelt einen effizienten, wärmespeichernden Ofen, der bis 1950 Verwendung fand.

    Seine Schwestern verkaufen das Mannheimer Haus. Sie ziehen nach Freiburg.

    Karl ist allein.

    Seinem Stand wird er ein Ärgernis, den Behörden eine Last und der Familie eine nagende Qual.

    Sehr oft besuchte Karl mit seinem Zweirad, immer in seiner Kammerherr- oder Forstmanns-Uniform, die umliegenden Wirtshäusern.

    1835 wurde er bei einer von seinen Gegnern inszenierten Wirtshausschlägerei schwer misshandelt. Verbeamtete Biedermänner forderten sogleich weitere Maßnahmen gegen diesen „aufrührerischen Wirrkopf.“

    Sein Kammerherrenschlüssel wird ihm entzogen, jedoch ist der Hof für ihn schon lange nicht mehr erreichbar.

    1837 startet Karl Gutzkow, ein Sand-Anhänger, eine weitere Rufmordkampagne gegen Karl. Er soll versucht haben, eine Leiche „wiederzubeleben“. Seine Gegendarstellungen in der Zeitung verpuffen.
    Karl ist gesellschaftlich ruiniert.

    Er wird aufgefordert Mannheim zu verlassen.

    Nach Waldkatzenbach (bei Waldbrunn) muss er ziehen, ist bei der dortigen Bevölkerung beliebt, da er dort die Erntemaschinen und die Webstühle repariert und verbessert. Er sei „im Dorfe wohlgelitten, er habe nur immer so viel Durst gehabt“, so eine Legende der Dorfbewohner.

    Hier hatte er auch die Idee seine Laufmaschine und später seine vierrädrige Fahrmaschine auf Eisenbahnschienen zu stellen.

    Karl testete seine Prototypen in den westlich des alten Karlsruher Bahnhofs gelegenen Gleise und stellte sein Testfahrzeug in der Gaststätte "Stadt Rastatt" unter.

     

    Bald darauf produzierte eine Firma in Karlsruhe Karls auf Schienen gesetzte Fahrmaschine. Diese praktischen Gefährte wurden als Draisinen weltberühmt.

    Karl Drais kehrt über Mannheim nach Karlsruhe zurück.

    Viele Menschen mögen ihn, er ist ein geistreicher und eloquenter Gesprächspartner und ein gutmütiger Mensch.

    1844 machen sich die Karlsruher Narren beim Fastnachtsumzug über die Laufmaschine lustig.

    In seinen „Gedankenspänen“ schlägt er vor, dass „das meiste des vielen Geldes, welches die reichen Leute gleichsam hinauswerfen, nur um zu zeigen, dass sie vieles Geld hinausgeworfen haben,...,lieber zum allgemeinen Besten in die Staatskasse fließe“. Für dieses gespendete „Verschwendungsgeld“ sollten die Reichen einen Orden verliehen bekommen. Die Größe des Ordens war abhängig vom gespendeten Betrag.

    Eine revolutionäre Idee, finden Sie nicht?

    Während der 48’er Jahre gibt es ein Bild von Karl in Bürgerwehruniform.

    Doch obwohl er danach seinen Adelstitel wieder führte, den er 3 Monate zuvor, wie in einer Zeitungsannonce angekündigt, abgelegt hatte, entging er nicht der Verfolgung.

    Im Mai 1849 wurde er "aufs Übelste mißhandelt", weil er nicht auf das Wohl von Großherzog Leopold anstoßen wollte.

    Man zog seine Pension ein und wollte ihn für unmündig erklären. Letzteres verhinderten seine Schwestern.

    Karl wurde krank und wollte die Bäder von Baden-Baden nutzen. Man griff ihn auf und schob ihn nach Karlsruhe ab.

    Bei Kostgeberleuten, nahe am Wirtshaus kam er unter.

    In einer kalten Winternacht starb Karl im Alter von 66 Jahren in Karlsruhe.

    Auf dem alten Friedhof nahe der Kapelle wurde er beerdigt.

    Mit einer gewissen Zielstrebigkeit hatte sich Karl zwischen alle Stühle gesetzt
    und erhielt deshalb nie die entsprechende Würdigung für seine Erfindung des Fahrrads.


    Er war Erfinder, aber kein Unternehmer.

    Er war Bürger, aber kein Baron.

    Er war Demokrat, aber profitierte von seinen adligen Vorrechten.

    Er war  ein genialer Geist.


    „ Bei dieser Gelegenheit grüße ich meine Freunde herzlich, und reiche Jedermann freundlich die Hand, der unparteiisch sich bestrebt, die Wahrheit zu untersuchen und das Gute zu befördern.“
    Karl Drais, Mannheim, 1817

    © Willi Andreas Weishaupt

     

    (1)  Karl Friedrich von Baden

    Der damalige Markgraf Karl Friedrich (1728-1811) gilt heute als Musterbeispiel eines aufgeklärten, absolutistischen Herrschers. Er hatte mehr als zehn Kinder und regierte seine Markgrafschaft Baden 73 Jahre lang.

    Karl Friedrich schaffte die Leibeigenschaft (1783) ab und beförderte seine Markgrafschaft ins industrielle Zeitalter. Er ließ in Karlsruhe die erste technische Hochschule Deutschlands entstehen und in Pforzheim ein Zentrum der Schmuckindustrie gründen.

    (2)  Friedrich Heinrich Georg von Drais

    Friedrich Heinrich Georg von Drais war Gründer des Forststudiums  in Baden, zuerst in Gernsbach, später in Pforzheim. Er forstete den Schwarzwald wieder auf, der durch den intensiven Holzeinschlag verursacht durch die Glashütten, die Köhlereien und durch den aufkommenden Scheit-Holz-Handel in seinem Kernbestand bedroht war. Friedrich versuchte neue, bisher nicht heimische Bäume anzusiedeln, dies gelang ihm mit der Lärche.

     (3)   Dyadik

    Dyadik, (dyo, griech. zwei) ein Begriff, den Leibnitz zur Darstellung von (Binär-) Zahlen einführte, heute als Dualsystem bekannt.

    1854 legte George Boole mit seiner Algebra die Grundlagen für duale Rechenoperationen, aber alle Versuche eine binäre „mechanische“ Rechenmaschine zu bauen, scheiterten.
    Erst K. Zuse gelang dies mit seinem elektromechanischen Rechner 1937.

    (4)   Karl Ludwig Friedrich von Baden
           geb. 8.Juni 1786 in Karlsruhe, † 8.Dezember 1818 in Rastatt
           Markgraf ab 1811.

    (5)  Gernsbach nach Baden-Baden

    Karl kannte diese Strecke aus seiner Forstamtszeit gut. Der Weg (etwa 10 km) ging von Gernsbach hinauf Richtung Staufenberg und dann hinunter ins Rotenbachtal bis in die Altstadt von Baden-Baden. Es muss ein Abenteuer gewesen sein, bei Steigungen von bis zu 10 % das ca. 22 kg schwere Laufrad hinaufzuschieben, und nur durch eine mechanische Schleifbremse verzögert, das Rotenbachtal hinab zu rasen.

    Bildnachweis:
    Karl Friedrich Drais von Sauerbronn im Alter von etwa 30 Jahren, Nach einem Portrait, Stadtarchiv Karlsruhe

    Karl Wilhelm Friedrich Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, Ölgemälde, Künstler unbekannt, Oberlandesgericht Karlsruhe
    Draisinenproduktlinie, angefertigt für den Fürst von Fürstenberg, Donaueschingen

    Laufrad, das Drais bei seiner Brasilienreise vielleicht mit sich führte, Stadtarchiv Karlsruhe

    Wappen der Familie Drais von Sauerbronn, Stadtarchiv Karlsruhe


    Literatur:
    Hermann Ebeling, Der Freiherr von Drais, G.Braun GmbH, Karlsruhe, 1985
    Hans-Eberhard Lessing, Setze alle Welt auf Räder, Baden-Württemberg 1/85

    Spektrum der Wissenschaft, Ausgabe: 4.17

    S. 62, Lessing, Karl Drais-Das vergessene Genie

    S. 68, Kosche, Sozialgeschichte des Fahrrads

    S. 74, Schlichting, Konkurrenzlos Sparsam

    Stadtgeschichte Karlsruhe, Karl Friedrich DRAIS von Sauerbronn 1785-1851 Ein badischer Erfinder, Ausstellung zu seinem 200. Geburtstag, Karlsruhe 1985

    Mit Beiträgen von:

    Heinz Schmitt, Hermann Ebeling, Hans-Erhard Lessing, Peter Pretsch

    Beschreibung der v. Drais'schen Fahr-Maschine, heausgegeben von J.C.S. Bauer, Nürnberg, 1817, in der Steinschen Buchhandlung

    Links

    https://www.danke-karl-drais.de/

     

    Museen:

    Deutsches Museum, München
    Städtisches Museum, Karlsruhe
     

     

  • Karlsruhe

    Modell der Barockresidenz Karlsruhe
    Exponat im Badischen Landesmuseum
  • Keltisch-gälische Christianisierung der Ortenau und das Starkbeben von 1601

    Keltisch-gälische Christianisierung der Ortenau und das Starkbeben von 1601

  • Kirchen in Baden-Baden

    Kirchen in Baden-Baden
     

    Stiftskirche

    Stiftskirche 1024Die Stiftskirche ist eine im romanischen Stil erbaute Basilika und wurde auf den Fundamenten einer noch älteren Kirche errichtet. Im wuchtigen quadratischen Turmsockel finden wir noch romanisches Mauerwerk. Ihre erste Umgestaltung in eine spätgotische Kirche erfolgte im 15. Jahrhundert. Der heutige Turm stammt aus dem 18. Jahrhundert.

    Die Kirche ist die Grablege der Markgrafen von Baden und den Aposteln Peter und Paul geweiht.

    Stiftskirche 2 B

    Ende des 15. Jahrhunderts wurde die damalige Pfarrkirche in ein Kollegiat-Stift umgewandelt.

    Zu Zeiten der Reformation beherbergte die Stiftskirche im steten Wechsel Protestanten und Katholiken.

    Je nach Geisteshaltung der herrschenden Markgrafen wurde die Reformation geduldet bzw. gefördert, oder die Jesuiten aus der Stadt gejagt.

    1689 wurde die Stadt von den Franzosen geplündert und niedergebrannt.

    Auch die Stiftskirche wurde zerstört und erst im 18.Jahrhundert nach Plänen von Ernst Peter Rohrer im barocken Stil wieder aufgebaut.

     

    Stiftskirche 3 B

    Im Innern sind folgende Kunstwerke sehenswert:

     

    • Steinkreuz von Nikolaus Gerhaert von Leyden aus dem Jahre 1467
    • Spätgotisches Sakramentshäuschen – um 1490
    • Figur des Heiligen Christopherus – um 1490
    • Sandstein Madonna – um 1500
    • Sitzmadonna, Lindenholz - 14. Jahrhundert
    • Grabdenkmäler der badischen Markgrafen

     

     

     

     

     

     

     

    Stiftskirche Risszeichnung 1 700 

    Emil Lacroix, Peter Hirschfeld und Heinrich Niester
    Die Kunstdenkmäler der Stadt Baden-Baden, Verlag C.F.Müller, Karlsruhe, 1942

     

    Evangelische Stadtkirche

     

    Die Kiche Ist eine nach Plänen von F. Eisenlohr aus Sandstein gefertigte Hallenkirche im neugotischen Stil.
    Gebaut wurde sie in den Jahren 1855 bis 1864 und die beiden Türme wurden 1876 fertiggestellt.

    Evangelische Stadtkirche 1024

    Evangeliche Stadtkirche 1 B

    Betritt man den Innenraum ziehen die drei Chorfenster Geburts-, Kreuzigungs- und Wiederauferstehungsfenster die Blicke auf sich.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Spitalkirche

     

    Die Spitalkirche ist eines der ältesten Bauwerke der Stadt.

    Erstmalig erwähnt wurde sie im 14.Jahrhundert (1351) als "Kapelle der seligen Jungfrau zum Spital", später "Maria Gnadenbronn."

    Sie befand sich außerhalb der Stadtmauern, östlich des Gernsbacher Tores, beim mittelalterlichen Friedhof und dem Spital.

    Friedhof und Spital bestanden bis ins 19.Jahrhundert (1843 wurde der Friedhof aufgelassen).Im 15.Jahrhundert wurde die Kirche im gotischen Stil neu aufgebaut.

    Im 17.Jahrhundert wurde auf den Grundmauern und dem Chor wieder eine Kirche errichtet. Sie erhielt ein flaches Dach und den barocken Turm.

     

    Im 19.Jahrhundert wurde die Spitalkirche Kirche der Alt-Katholiken, ein berühmtes Gründungsmitglied dieser Gemeinde in Baden-Baden war Albert Gönner.

    Im Zuge der Umgestaltung des Bäderviertels (1964) wurde das Kirchenschiff um 7m gekürzt, die Fenster symetrisch angeordnet, eine Zwischendecke eingezogen und eine neue Orgelempore errichtet.

    Spitalkirche 1 A

    Heute dient der Kirchturm als Entlüftungsschacht der Bäder Tiefgarage.

    Noch heute steht direkt neben der Kirche der Ölberg, eine 1422 errichtete bildliche Darstellung des Garten Getsemani mit den schlafenden Jüngern und dem betenden Jesus. Der Engel wurde erst im 19.Jahrhundert hinzugefügt.


    Im Innern sind folgende Kunstwerke sehenswert:

    Chorgestühl – Anfang 16. Jahrhundert (1512) von Meister Hans Kern, Pforzheim
    Kanzel - Anfang 16. Jahrhundert
    Fenster von Harry Mac Lean – 60ziger Jahre des 20. Jahrhunderts

     

    Ölberg Gesamtansicht                        Ölberg Abschnitt

    Ölberg Detail1       

                       Ölberg Detail        

     

    St. Johanniskirche

    Johanniskirche A

     

    All Saints Church,  St. Johanniskirche

    ursprünglich „All Saints Church“, wurde 1864/67 nach Plänen von Thomas Henry Wyatt im englisch-normannischen Stil errichtet. Man nennt sie deshalb auch „Englische Kirche“.

     1867 wurde die Kirche von Marcus Gervais Beresford, Erzbischof von Armagh, im Beisein von Kaiserin Augusta geweiht.
    Die anglikanische Gemeinde feierte hier ihre Gottesdienste.

    1914 mussten bis zum 24. November alle Engländer die Stadt verlassen.

    Die Kirche wurde als Lagerhalle genutzt.

    Nach dem Krieg wurde ein Nutzungsvertrag mit der evangelisch-lutherischen Gemeinde geschlossen. Die Kirche hieß jetzt "St. Johanniskirche".

    1922 wurde die Kirche Eigentum der „Society fort the Propagation oft the Gospel in Foreign Parts“.

    1938, spätestens im Herbst 1939 mussten die Engländer die Stadt erneut verlassen und die Kirche wurde wieder zur Lagerhalle.

     

    Auch gab es ab 2007 in Baden-Baden wieder eine kleine anglikanische Gemeinde, die von Dr. Friedhelm Haas, Diözesanbischof der Anglican Episcopal Church of Europe, betreut wurde und ihre Gottesdienste in der Klosterkirche zum Heiligen Grab feierte. (1)

    Frederick Haas ist Bischof der "Anglican Catholic Diocese of Christ the Redeemer" der Diozöse Deutschland, angrenzende Länder und Malta.

    Hauptsitz der Religionsgemeinschaft ist Malta, die Deutsche Vertretung hat ihren Sitz in Baden-Baden, Frühlingsstrasse. (2)

    Auf einem Parteitag der AfD (Stuttgart) hielt er einen Gottesdienst ab und bemerkte in seiner Predigt: "Es gibt, wenn man dem Grundgesetz verpflichtet ist, keinen anderen Weg, als sich zum Christentum zu bekennen." (3)

    Am 21./22. Januar 2017 wird F.Haas in der Kathedrale von Monreale auf Sizilien zum Ehrenmitglied (Academics of honor) des Deutschen Ordens, Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem ernannt werden. (2)

    Die Gottesdienste der Gemeinde finden im Oratorium des Gästehauses Kloster Lichtental statt.(4)


    Quellen:

    (1) Karl Reinbothe, BT, 19.07.2014

    (2) http://www.anglicansonline.eu

    (3) Justus Bender, FAZ, 1.05.2016

     (4) St. John's Anglican church, Homepage

     

    Pfarrkirche St. Bernhard

     

    Bernharduskirche 1024

     

    Die Bernharduskirche ist eine der bedeutendsten Jugendstilkirchen in der Erzdiözese Freiburg.

    Als im 19. Jahrhundert die Bevölkerung von Baden-Scheuern (nördlich der Oos gelegen) deutlich wuchs, wurde als Ersatz für die zu kleine Dreieichenkapelle die St. Bernhard Kirche auf einer künstlichen Terrasse in einem ehemaligen Steinbruchgelände am Fuß des Balzenbergs errichtet.

    Grundsteinlegung war am 30.Juni 1911. Eingeweiht wurde die Kirche am 10. Mai 1914.

    Erbaut wurde sie von Johannes Schroth, einem der bedeutendsten Kirchenbauer um 1900 im badischen Raum der seine Pläne energisch gegen die Kirchenbehörde zu verteidigen wusste.

    Als Baumaterial wurde heller Sandstein (Steinbruch W. Rehm in Gernsbach) verwendet.

    Beeindruckend ist die Anlage der Treppe, die zwischen den Apostelsäulen von Petrus und Paulus bis zum dreifachen Hauptportal geführt wird.

    Der Innenraum des zwölfseitigen Zentralbaus orientiert sich an den Vorbildern von San Vitale in Ravenna und des Aachener Doms.

    Über drei Stockwerke aus Pfeilerarkaden, kleineren Arkaden im Laufgang und hohe Rundbogenfenster wölbt sich die Kuppel. Im zentralen Lichtauge der Kuppel leuchtet das Lamm Gottes.

    Die Dekorationsmalereien stammen von Karl Leon.

     

     

    1 Bernharduskirche 14 3001 Bernharduskirche 17 300

    1 Bernharduskirche 9 300

     1 Bernharduskirche  6 300

     

     

    Stourdza-Kapelle

     

    Eine rumänisch-orthodoxe Kapelle zu Ehren des Heiligen Erzengels Michael, dem Namensvetter von Fürst Michael Stourdza.

    Dieser war Fürst von Moldau, sprach acht Sprachen und verbrachte seit 1854 die Sommermonate in Baden-Baden.
    Als sein Sohn Michael Junior 1863 im Alter von 16 Jahren starb lies er auf dem nach ihm benannten Michaelsberg von Leo von Klenze, dem Architekten der Sankt Petersburger Eremitage, eine Kapelle als Grablege der Familie errichten.
    1866 wurde sie eingeweiht.

     

    Stourdza 1 B

    Stourdza 2 B

    1872 wurde Stourdza Ehrenbürger von Baden-Baden.

     

    Stourdza 33 B

    Max Beckmann Die Stourdza-Kapelle-2Max Beckmann:
    Die Stourdza-Kapelle

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Bonifatiuskirche

     

    Bonifatiuskirche 400

    Vor dem Bau der Kirche mussten die BürgerInnen der Dörfer Beuern und Geroldsau (heute Stadtteile von Baden-Baden) jeden Sonntag einen weiten Weg zurücklegen.
    Erst ab 1811 durften sie in der Lichtentaler Klosterkirche (hinter einer Trennwand) ihre Messe feiern. Vorher war nur der Besuch der Stiftskirche innerhalb der Stadtmauern von Baden-Baden möglich.

    Die Kirche wurde von Bauinspektor Carl Dernfeld (Architekt des Friedrichsbades und der Kurhauskolonaden) im neuromanischen Stil konzipiert und von 1864 bis 1869 aus dem roten Porphyr des nahe gelegenen Leisbergs errichtet.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Kirchenschiff1 

     

    In der Nacht des 11. März 1943 wurde die Kirche von einer Fliegerbombe getroffen.

     

    Lichtental mit der Bonifatiuskirche 400

     

     

    Kirchenschiff

    Die Glocken mit ihrem Salve-Regina Motiv goss Albert Junker jun. aus Brilon (Saarland) 1953.

    Geläut der B...
    Bonifatiuski...
    Bonifatiuski...
    Bonifatiuski...

     

    Ab den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts  (2. Vatikanisches Konzil) wurde der Innenraum der Kirche mehrfach umgestaltet.

    © Willi Andreas Weishaupt 2015


    Bildnachweis:

    • Baden-GEO-Touren
    • Festschrift zum 125. Weihetag, St. Bonifatius


    Literatur:

    • Festschrift zum 125. Weihetag, St. Bonifatius

     

     

     

  • Kloster Lichtenthal

    Kloster Lichtenthal

     

  • Kloster Lichtenthal in alten Ansichten

    Kloster Lichtenthal in alten Ansichten

     

    Kloster Lichtenthal Risszeichnung A

     

    Kloster Lichtenthal 1775 A

     

    Kloster Lichtenthal Rekonstruktion 1775 500

    Quelle: Emil Lacroix, Peter Hirschfeld und Heinrich Niester
    Die Kunstdenkmäler der Stadt Baden-Baden, Verlag C.F.Müller, Karlsruhe, 1942
     

     

    Kloster Lichtenthal 1 B

     Kloster Lichtenthal 20 B

  • Kloster Maulbronn

    Kloster Maulbronn

     

    Maulbronn EingangIm Nordwesten des Landes liegt zwischen waldigen Hügeln und kleinen stillen Seen das große Zisterzienserkloster Maulbronn.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Weitläufig, fest und wohl erhalten stehen die schönen alten Bauten und wären ein verlockender Wohnsitz, denn sie sind prächtig, von innen und außen, und sie sind in den Jahrhunderten mit ihrer ruhig schönen, grünen Umgebung edel und innig zusammengewachsen. 

    Wer das Kloster besuchen will, tritt durch ein malerisches, die hohe Mauer öffnendes Tor auf einen weiten und stillen Platz.

    Ein Brunnen läuft dort, und es stehen alte ernste Bäume da und zu beiden Seiten alte steinerne und feste Häuser und im Hintergrunde die Stirnseite der Hauptkirche mit einer spätromanischen Vorhalle, Paradies genannt, von einer graziösen, entzückenden Schönheit ohnegleichen.

    Auf dem mächtigen Dach der Kirche reitet ein nadelspitzes, humoristisches Türmchen, von dem man nicht begreift, wie es eine Glocke tragen soll.

    Der unversehrte Kreuzgang, selber ein schönes Werk, enthält als Kleinod eine köstliche Brunnenkapelle; das Herrenrefektorium mit kräftig edlem Kreuzgewölbe, weiter Oratorium, Parlatorium, Laienrefektorium, Abtwohnung und zwei Kirchen schließen sich massig aneinander. Malerische Mauern, Erker, Tore, Gärtchen, eine Mühle, Wohnhäuser umkränzen behaglich und heiter die wuchtigen alten Bauwerke. [1]

     

    So beschreibt Hermann Hesse in seiner Erzählung „Unterm Rad“ das Kloster Maulbronn.

    Er flüchtete 1892 nach einem Jahr. Nicht nur Hesse litt unter den strengen Regeln, die zu seiner Zeit bereits (seit der Säkularisation) gelockert waren.

    Johannes Kepler, Hölderlin und Kerner,  „badische Revolutionäre“ Hermann Kurz und Georg Herwegh, sie und viele andere waren in Maulbronn.

    Klosterschulen waren in der damaligen Zeit für mittellose, d.h. nicht adlige oder städtische reiche Kaufmannssöhne, die einzige Möglichkeit eine gute Ausbildung zu erhalten und die Klosterschule bot, mit der Aussicht eines späteren Theologiestudiums, diese Chance.

    Besuchen wir das Kloster heute, so scheint es uns dank Hesses Beschreibung vertraut, wenig hat sich in den letzten 100 Jahren verändert, auch im Gesamtbild in den Jahrhunderten seit der Gründung im 12. Jahrhundert, so dass diese am besten erhaltene Klosteranlage nördlich der Alpen uns heute zu einem Spaziergang durch die Architekturgeschichte von der Romanik bis zur Hochgotik einlädt.

    Wir betreten das Kloster durch den im 15. Jahrhundert errichteten und im 18. Jahrhundert stark veränderten Torturm.
    Rechts und links davon befinden sich Pförtner-, Wach- und Gewerbebauten (Wagnerei und Schmiede).

    Wir erreichen den vorderen Klosterhof. Linkerhand liegt die Mühle, die wir später besuchen wollen.

    Im Mittelalter verlief in Höhe des Gesindehauses und des Kameralamts (ein Vorläufer des heutigen Finanzamts) eine Wehrmauer.

    Dominiert wird das heutige Hofensemble durch den rechts gelegenen Fruchtkasten, dem größten Bau der Anlage und dem wichtigsten Speicher des Klosters.

    Auf dem gleichen Weg, den die mittelalterlichen Konversen (Laienbrüder) nahmen, erreichen wir die naheliegende Kirche und deren Vorhalle, die uns zum Paradies führt.

    Dies ist wohl einer der schönsten Räume, der uns aus der Frühgotik erhalten geblieben ist. Die Eingangstüren, aus Schwarzwälder Tannenholz, sind die ältesten Türen Deutschlands. Sie waren einst mit Tierhäuten bespannt und rot bemalt.

     

    Wir betreten die Kirche.

    Die dreischiffige Pfeilerbasilika wirkt beeindruckend lang, da sie zwei Kirchen, nämlich die Laien- und die Mönchs-Kirche beherbergt.

    Die ehemals flache Holzbalkendecke wurde schon im 14. Jahrhundert beim Anbau der angrenzenden Stifterkapellen durch ein gotisches Netzgewölbe ersetzt.

    Im Chor das berühmte Steinkruzifix, das Conrad von Sinzheim erschaffen hat.

    Im nördlich an die Kirche stoßende Kreuzgang und im (Herren-) Refektorium finden wir die Künste des burgundischen Baumeisters wieder.

    Refektorium des Klosters Maulbronn A

    [2]

    Im Ostflügel betreten wir den Kapitelsaal. Hier trafen sich die Mönche täglich zur Lesung der Ordensregeln. Durch den östlichen Ern (fränkisch für Flur) gelangen wir über den Nordflügel des Kreuzgangs zum Brunnenhaus mit dem berühmten dreischaligen Brunnen. Sein Wasser stammt aus Quellen, die uns zum Mühlenhaus zurückführen.

    maulbronn Paradies

    Die Zisterzienser waren Meister der Wasserwirtschaft.

    Sie legten in Maulbronn über mehrere Geländestufen einen Verbund von etwa zwanzig Seen und Teichen an.

    Zur Entwässerung des Feuchtgebietes schufen sie zunächst östlich des Klosters ein weit verzweigtes Grabensystem, mit dem sie das Oberflächenwasser im Graubrunnengebiet und Roten Hain der Salzach zuführten.

    Im Tiefen See stauten sie die Salzach durch einen hohen Damm zu einem Wasserreservoir und Fischgewässer auf. Durch ein Ablaufsystem konnte das Wasser im Tiefen See reguliert und der Wasserbedarf zum Antrieb der Mühle gesteuert werden. Den Wasserlauf der Salzach fassten die Zisterzienser innerhalb der Klostermauern als Kanal, der Abwässer und Abfälle aufnehmen konnte und das Kloster bis heute durchfließt. [3]

    Maulbronn war nicht nur ein Kloster, sondern eine autarke „Insel“ im Ozean der stürmischen Jahrhunderte.

    Das Kloster ist seit 1993 als UNESCO-Weltkulturdenkmal in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen und beherbergt heute drei Museen.


    [1] Hermann Hesse, Unterm Rad, suhrkamp, 1972, Drittes Kapitel
    [2] Brockhaus’ Konversations-Lexikon, Jubiläums-Ausgabe, Leipzig, 1902
    [3] Kloster Maulbronn, Carla Mueller und Karin Stober, 2013 Deutscher Kunstverlag Berlin

     

    Willi Andreas Weishaupt 2014

     

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